Im Vergleich zu einem Haus, ja, selbst verglichen mit einer kleinen Wohnung ist ein Segelboot ein winziger Lebensraum: Eine minimale Küche, die Pantry heißt, daneben ein Esstisch, der in vielen Fällen zumindest teilweise wegklappbar ist, da zuwenig Platz für den ganzen Tisch zu finden ist und um den nur eine kleine Gesellschaft Platz findet. Anstelle eines großen, freistehenden Bettes ist da die Koje, die nur von einer Seite zu erklimmen ist. Anstelle eines Schreibtisches gibt es die Navigationsecke, die bestenfalls vollgestopft mit Instrumenten und Karten ist. Ein winziger Raum, in dem vielleicht eine noch viel winzigere Dusche und eine Pump-Toilette verbaut ist, ersetzte das geräumige Badezimmer. Kleinste Schränke und Staufächer fültle jeden freien Winkel und Bücherregale sind bald bis zum Bersten gefüllt. Der übrige Raum ist gefüllt mit Technik, Ausrüstung und Ersatzteile. Anstelle eine Gartens gibt es ein Cockpit, in dem zwar hoffentlich nichts wächst, das aber zumindest vor Anker meist mit einer herrlichen Aussicht besticht.
Zumindest zu Beginn mag das Leben auf einem Boot eine neue Herausforderung sein, das begrenzte Platzangebot ist nur einer der Gründe dafür. Denn eine Fahrtenyacht muss mehr sein als ein bequemes zuhause, es ist ein Reisemobil, ein Arbeitsgerät. Es gibt keine beweglichen Möbel, alles, was unbedacht herumsteht, fliegt früher als später durch den Raum. Salzwasser und Feuchtigkeit wird auf vielen Booten zur ständigen Bedrohung für Lebensmittel oder Elektronik. Strom muss selbst produziert werden und ist daher nur in begrenztem Maß verfügbar. Trinkwasser wird in Tanks gelagert, die hin und wieder gereinigt werden wollen und kaum groß genug sein können.
Und dennoch, so klein und besonders der Lebensraum und die Lebensumstände an Bord einer Blauwasseryacht sind, so schön kann das Leben auf einen Boot sein, wenn erst einmal ein persönliches zuhause aus dem Boot gemacht wurde. Und das ist in vielen Fällen etwas, wofür gerade Frauen ein Händchen zu haben scheinen.
Bereits an Bord unseres ersten Segelbootes war uns beiden klar, dass wir die alten Polsterungen und Vorhangstoffe nicht mehr nutzen wollen, dass wir die eine oder andere dunkle Teakholz-Fläche mit hellen Lacken überstreichen wollen und dass die Pantry ein paar kleine Abänderungen vertragen kann. Kleine Verbesserungen, die einfach zu erledigen wahren und unserem Boot eine persönliche Note verliehen.
Doch nicht nur die kleinen Abänderungen, neue Stoffe und Farben im Boot und das eine oder andere angeschraubte Bild machen aus einem normalen Boot ein Heim für Fahrtensegler. Vielmehr ging es mir auch immer darum, das Boot so auszustatten, dass wir nicht an Bord „kampieren“. Ja, wir haben Schlafsäcke an Bord, doch werden die nur für Landausflüge mit dem Zelt genützt. An Bord schlafen wir entweder in dicken Daunendecken, oder in dünnen Sommerbettzeug, je nach Revier. Nein, in der Pantry von LA BELLE EPOQUE gibt es kein Camping-Geschirr. An Bord sind meine Kochtöpfe und Küchengeräte von zuhause. Zwar essen wir von Blechtellern, doch würde ich einen Wert auf Keramik legen, wäre es mit Sicherheit an Bord. Wir trinken aus Gläsern und wenn mal eines zu Bruch geht, geht davon die Welt nicht unter. Wir lieben Musik, deshalb läuft die Musikanlage fast immer. Hätten wir dafür nicht genug Strom, würden wir Stromversorgung und Batteriebänke aufbessern.
Natürlich fällt die Haushalts-Ausstattung auf einer Fahrtenyacht viel geringer als an Land aus. Doch ist das Leben ohne Geschirrspüler, Mikrowellenherd und Waschmaschine kaum anders als mit. Vor allem, wenn man ungleich viel Zeit zur Verfügung hat. Fehlt einem dennoch ein Gerät an Bord, kann man sich durchaus Gedanken machen, ob es nicht nachgerüstet werden kann und wo im Boot Platz geschaffen werden kann.
Das selbe gilt auch für persönliche Geräte für Hobbys. Wer sagt denn, dass ein Boot keinen Platz fürs Hobby bieten kann, wenn es sich nicht gerade ums Westernreiten handelt? Natürlich habe ich es leicht, mit meinem Hobby des Schreibens muss nur der Navi-Tisch als Schreibtisch herhalten. Das benötigt keine Umbauten. Für Mary Anne, die seit Jahrzehnten gemeinsam mit Larry auf allen Weltmeeren unterwegs ist, war das Hobby schon ein bisschen komplizierter. Denn eine Welt ohne ihrem Klavier wäre für sie eine farblose Welt. Deshalb haben die beiden die Vorkoje ihrer Yacht umfunktioniert und ein Klavier eingebaut. Und um der klassischen Musik zu frönen, verbringen die beiden Reisenden gerne den einen oder anderen Winter im Hafen einer kulturell interessanten Stadt. Man kann ja auch die Seereviere nach seinen persönlichen Hobbys und Vorlieben wählen!
Doch will ich hier nicht den Eindruck erwecken, dass die Möglichkeiten an Bord eines Segelbootes unbegrenzt sind. Ganz im Gegenteil, unterwegs auf einer Yacht lernt man schnell, mit Platz und Gewicht neu umzugehen. Alles, was keinen Zweck erfüllt, wird zur Belastung. Leider haben die meisten Menschen, die in reichen Industrieländern aufgewachsen sind, gelernt, sich mit Dinge zu umgeben und zu schmücken. Auch können wir uns schwer von ausgedienten Gegenständen trennen und nennen sie Erinnerungen. Wir gehen so weit, dass wir uns über Gegenstände sogar in unserer Persönlichkeit definieren, da die Werbewirtschaft uns erfolgreich klargemacht hat, dass selbst Massenprodukte von „Stil und Individualität“ strotzen. Für mich persönlich war es allerdings immer leicht, mich von derartigen Vorstellungen zu trennen. Einerseits, weil ich ohnehin kein besonderes Talent habe, „stilvoll“ auszuwählen und zu kombinieren, andererseits, weil die Tage, an denen ich Einkaufen als lustig empfand, genau so lange zurück liegen wie meine Teenager-Tage.
Dennoch schaffen auch wir an Bord von LA BELLE EPOQUE es hin und wieder, Dinge anzusammeln, die keinen Gebrauchszweck mehr erfüllen. Deshalb haben wir uns angewöhnt, zumindest einmal im Jahr alle Schapps nacheinander auszuräumen und Nützliches von Altem zu trennen. Dabei legen wir Augenmerk darauf, was länger nicht benützt wurde und achten darauf, Gegenstände, die jemand anderen nützlich sein können zu verschenken und nicht auf den Müll zu werfen.
Diese Platzeinschränkung eines Segelboots kann damit durchaus auch als Vorteil gesehen werden. Für mich zumindest ist der Erwerb von Wegwerfgegenständen nicht befriedigend und ich habe mehr Spaß daran, meine Zeit mit dem Ausbau meiner eigenen Fähigkeiten zu verwenden. So zum Beispiel habe ich Spaß daran, meinen „Blick für interessante Fotos“ zu schärfen anstelle das Boot mit Souvenirs zu füllen. Mit dem Ergebnis, dass wir hin und wieder gemütliche Fotoabende an Bord machen und ich keine Zeit damit vergeude, alte Souvenirs abzustauben.
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