„Hallo ihr beiden,

…seit 2 Wochen haben wir unser Stahlschiff wieder an Land und werden Anfang Frühjahr uns in Griechenland an die Rostbekämpfung machen. würde mich interessieren, welche Farbe benutzt Ihr? Wir hatten bisher 3 mal das Unterwasserschiff gesandstrahlt. Das erste mal ebenfalls Hempadur Zink anschliessend Hempel Light Primer, das 2. mal in der Türkei mit einer unbekannten Epoxy Farbe und das 3. mal wieder Light Primer von Hempel. die auch wieder Probleme macht.

Wir sind jetzt kurz davor Metagrip, eine spezielle Verzinkung auszuprobieren….

Alles Gute,…“


Werftzeit – unsere Erfahrungen mit Lack

Die namentliche Nennung von Markennamen und Lackherstellern unterliegt keinem Sponsoring. Alle Lacke wurde von uns regulär und zu vollem Preis bei Lackhändlern gekauft. Der Artikel soll nur unsere Erfahrungen und Gedanken aufzeigen.

Mittlerweile ist es gut zehn Jahre her, seit wir LA BELLE EPOQUE daheim hinterm Haus sangestrahlt und mit einem neuen Lackkleid verpasst haben (etwas über sieben Jahre davon im Wasser). Wie dazumal empfohlen haben wir ein Beschichtungssystem auf Basis von (zwei Komponenten) Epoxid- und Polyurethan-Lacken gewählt. Die Lacke selbst haben wir von einem lokalen Lackhersteller (Walterfarben in Wels, OÖ) aus unserer Gegend gekauft. Es handelte sich um Industrielacke und nicht um spezifische Yachtbeschichtung.

Vom Lackhersteller wurden wir hingewiesen, eine Schichtstärke von mindestens 0,35mm mit vielen dünnen Schichten statt wenigen dicken Anstrichen zu erreichen, da wir den Lack mit Roller aufgetragen haben. Als Mindestmaß wurden uns 5 Anstriche empfohlen, da Epoxid-Lack nicht diffusionsdicht ist und nur eine höhere Schichtstärke länger vor Rost schützt. Also haben wir dazumal nach dem Sandstrahlen folgende 8 Anstriche gemacht:

• 2 Anstriche Grundierung auf Basis Epoxidharz („Waropox Zink“) mit sehr hohem Anteil Zinkstaub, darauf

• 2 Anstriche Grundierung auf Basis Epoxidharz („Waropox“) mit Eisenglimmer, darauf

• 2 Anstriche Deckbeschichtung auf Basis Polyurethan („Waropur“) mit Eisenglimmer, darauf

• 2 Anstriche Deckbeschichtung auf Basis Polyurethan

Die Beigabe von Zinkstaub beziehungsweise Eisenglimmer sollen den Diffusinsweg verlängern und die Schichtstärke der Beschichtung verbessern. Diese Stoffe legen sich dachziegelartig übereinander und erschweren so Wassermoleküle zusätzlich das Durchdringen der Beschichtung. Dazu wirkt die erste Lackschicht mit Zinkstaub als Kaltverzinkung.

Bis vor einem Jahr waren wir mit dieser Beschichtung zufrieden, auch wenn sich unser Lack als etwas spröde erwiesen hat und wir so selbst den einen oder anderen Lackschaden an Deck verursachten (Was durchaus Eigenverschuldung sein könnte, falls wir beim Auftragen der Lacke die Trockenzeiten zwischen den einzelnen Lackschichten nicht ganz hinbekommen haben). Im letzten Jahr in den Tropen allerdings haben sich am Rupf vorwiegend entlang der Wasserlinie aber auch an einigen Stellen Unterwasser Blasen im Lack gebildet. Wir haben einige Blasen über der Wasserlinie aufgekratzt und fanden darunter keinen Rost. Dennoch war klar, dass wir die nächste Gelegenheit nutzen mussten, unsere Beschichtung zu erneuern.

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An Land in Neu Seeland stellte sich heraus, dass die meisten Blasen in der Nähe von Beschädigungen im Lack waren (vorwiegend Eisschäden von Grönland und der Nordwest Passage) beziehungsweise entlang der Schweißnähte (Beschädigungen durch Abkratzen des Bewuchs in den Tropen). Auch stellte sich heraus, dass sich bisher nirgends unter den Blasen Rost gebildet hatte. Die Blasen ließen vermuten, dass überall, wo Wasser bis zum Zink-Epoxid durchgedrungen war, das Zink gearbeitet hat und die Lackschichten darüber gehoben hat.

Gerade im Bereich der Schweißnähte musste die gesamte Lackschicht erneuert werden.

Diese Vermutung betätigte ein Berater von International Lacke. Auf unsere Anfrage bezüglich „Interzink“, „Intertuff“ und „Interthane“ (diese Lacke wurden in Alaska von vielen Fischern verwendet und auch an Bord von LA BELLE EPOQUE haben wir bisher damit beschädigte Stellen ausgebessert) wurden wir darauf hingewiesen, dass International heute von diesem Lacksystem für Boote abrät. Es gab zu viele Probleme, das darüberliegende Lackschichten nicht auf Zinkstaub dauerhaft haften. International riet uns zu mehreren Lagen „Intershield“. Unter der Wasserlinie darauf direkt Antifouling, über der Wasserlinie darauf Polyurethan Decklack. Die Werft, in der wir am Boot arbeiteten riet zu mehreren Schichten Jotun „Jotumastic 87“, darüber regulären Epoxid-Primer und darauf Antifouling Unterwasser und Polyurethan Decklack Überwasser. Hempel empfohl Hempel Light Primer, darüber einkomponentigen Primer unter Wasser und Polyurethanlack über der Wasserlinie.

Wir entschieden uns für drei Schichten Jotun „Jotumastic 87“, darauf zwei Lagen „Intertuff 262“, darauf vier Lagen Antifouling Unterwasser und zwei Lagen Hempel „Hempathane HS 55610“ Überwasser.

Und hier der Grund für unsere Entscheidung: Wie schon vor zehn Jahren wollten wir gute Schichtstärken auftragen, weshalb wir Jotun „Jotumastic 87“ gewählt haben: Der Lack ist ein zweikomponentiger Epoxidlack mit Aluminiumglimmer für dicke Schichtstärken. Drei Lagen, da wir die erste Lage am blanken Stahl sehr verdünnt aufgetragen haben. Die Empfehlung von Hempel mit Light Primer und darauf folgenden einkomponentigen Primer war für uns keine Variante, da wir keine einkomponentigen Lacke am Stahl haben wollen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man auf einkomponentige Lacke keine zweikomponentigen Lacke mehr auftragen kann und so werden spätere Ausbesserungsarbeiten bei diesem Beschichtungssystem schier unmöglich. Gegen International haben wir uns eigentlich nur aus preislichen Gründen entschieden, der Lack war in Neuseeland exorbitant teuer.

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Die folgenden zwei Lackschichten International „Intertuff 262“ haben wir gewählt, weil uns über „Jotumastic“ weitere Lagen Epoxidlack empfohlen wurden und weil wir genug „Intertuff“ an Bord hatten (aus den USA, wo International nicht so teuer war wie hier in NZ).

Den Deckslack von Hempel haben wir gewählt, da Hempel auch hier in NZ nach RAL-Farbkarten gemischt wird und wir so auch später in Europa die selbe Farbe erhalten können (Feuerrot!). Der Zusatz, dass im Hempel HS 55610 etwas Zinkstaub eingemischt ist, könnte außerdem eventuell bei kleinen Lackschäden helfen und da sich nun das Zink im Decklack befindet und nicht darunter lässt uns hoffen, dass sich die Lacke nicht mehr voneinander abheben.

Natürlich empfiehlt jeder Lackhersteller, bei einem kompletten System aus seiner Herstellung zu bleiben und nicht die Lacke so wie wir zu mischen. Aber Lacke in Neuseeland sind teuer und wir versuchen, den bestmöglichen Kompromiss nach unseren finanziellen Möglichkeiten zu erreichen. Auch haben wir uns dieses Mal gegen ein neuerliches Sandstrahlen entschieden, da der Stahlrumpf im Gesamten noch durchaus gesund war und ein neuerliches Sandstrahlen unserer Meinung nach noch nicht nötig war. Natürlich ist uns klar, dass die Oberfläche des abgeschliffenen Stahls nicht perfekt für Lackarbeiten ist, Sandstrahlen sorgt für eine rauere Oberfläche und somit bessere Haftung des Lacks. Aber wie gesagt, wir arbeiten nach unseren Mitteln.Unserer Meinung nach bleibt eine ausreichende Schichtstärke an 2K Epoxidharz- Lack der wichtigste Schutz für den Stahlrumpf über und unter der Wasserlinie.

Nun glänzt LA BELLE EPOQUE wieder im neuen Kleid. Und wenn wir Glück haben und uns richtig entschieden haben, dann werden wir hoffentlich die nächsten zehn Jahre oder so nicht viel über dieses Thema berichten müssen!

Ankern in Patagonien


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