Neun Jahre sind vergangen, seit LA BELLE EPOQUE ein neues Lackkleid erhalten hat. Sechs dieser neun Jahre verbrachte das Stahlboot im Wasser…

So ist es Zeit, sich um abgeplatzte Lackstellen, von Lack freigescheuerte Ecken und ein paar traurige Rosttränen zu kümmern. Auf Deck, wie auch unter Deck. An Bord von LA BELLE EPOQUE gibt es dafür verschiedene Gründe: Da gibt es einige Stellen an Deck, an denen einzelne Lackschichten abgeschlagen sind. Dazu kommen Roststellen an Deck, die aufgrund der Bauweise des Bootes so gut wie unvermeidlich sind – schon alleine deshalb, weil alle Püttinge aus Stahl sind, weshalb die Verbindung mit dem Rigg den Lack konstant beschädigt. Für einige Stellen am Deck sind wir verantwortlich – wir haben nachträgliche Änderungen vorgenommen und dabei alte Lacke verwendet oder nicht alle nötigen Lackschichten aufgetragen. Ein paar neue Änderungen stehen zusätzlich am Plan. Außerdem gibt es am Vordeck kleine Stellen, an denen wir keinen Sand als Rutschsicherheit in den Lack eingearbeitet haben. Diese Stellen nerven uns seit wir unterwegs sind und es wird endlich Zeit, sie zu ändern!

Doch kritisch sind die paar Roststellen an Deck nicht. Und bekanntlich rosten Stahlyachten ja von Innen nach Außen. Viel wichtiger ist der Lack im Inneren des Rumpfes. Und so steht nun eine eingehende Inspektion an. Und auch hier wartet einiges an Arbeit auf uns. Auch hier sind wir an einigen Stellen praktisch selber Schuld: Weil wir LA BELL eben nichts geschenkt haben. Unsere harten Zusammenstöße mit dem Eis im Hohen Norden haben durchaus ihren Zoll gefordert. Und wer unsere Videos von diversen Eisfahrten schon mal betrachtet hat, kann sich ausmahlen, warum wir „Eisschaden“ an Bord haben. Im Bugbereich – genauer gesagt im Ankerkasten – zeigt der Lack im Inneren leichte Risse. Bei genauerer Betrachtung kann man feststellen, dass sich die Stahlaussenhaut zwischen dem dritten und fünften Spant durch die harten Zusammenstöße mit demEisleichtverformthat,waszurRissbildungderaufgetragenen Lackschichten innen führte. Gut, dass die Familie Winke gute Arbeit beim Bau unserer LA BELLE EPOQUE geleistet hat, alle Schweißnähte haben einwandfrei gehalten.

Eisfahrt
  Natürlich bleiben Lackschäden nach so einer wilden Eistour!
Eisschaden
Zum Beispiel in unserem Bug. Durch den Einsatz als Eisbrecher hat der Lack im Innenbereich des Bugs Haarrisse erhalten, die sich nun in hässlichen Roststellen zeigen.

Im Heck, genauer gesagt in den Backskisten, gibt es einige Roststellen, deren Ursache wir eher am Lack, beziehungsweise an unserer Verarbeitung beim Restaurieren suchen wollen. Denn hier haben in einigen Bereichen die verschiedenen Lackschichten nicht gehalten. Da das Standstrahlen im Inneren der Yacht extrem schwierig war und unmöglich alle Winkeln und Ecken erreicht werden konnten, wundert es uns nicht, dass sich in der verwinkeltsten Ecken in der Backskiste leichte Roststellen zeigen, die in Angriff genommen werden müssen.

Ein größeres Projekt hat sich über die letzten Jahre allerdings im Mittelbereich unserer Yacht angesammelt. Ursprünglich gab es auf LA BELLE EPOQUE einen „Im-Rumpf“ Grauwassertank. Das heißt, die Rumpfhaut selbst wurde in einem Bereich direkt als Außenwand eines Brauchwassertanks genützt. Allerdings ist gerade in Verbindung mit Grauwasser die besonders abzuraten, da so Rost unvermeidbar und die Inspektion beziehungsweise Wartung unmöglich wird. Wir haben bei der Restauration von LA BELLE EPOQUE die großen Inspektionsluken dieses Grauwassertanks aufgemacht, den Tank ausgeputzt, sandgestrahlt und neu gestrichen. Der Bereich wurde von uns von nun an als reguläre Bilge-Staukammern verwendet, da wir annahmen, die Problemstelle so behoben zu haben. Doch hat sich herausgestellt, dass diese Behandlung nicht genug war. Durch die Inspektionsluken des alten Tanks konnten beim Sandstrahlen nicht alle Ecken erreicht werden, außerdem füllte sich der Tank immer wiederraschmitSand,wasdieWirkungdesStrahlenverminderte. Damit hat sich in den Kammern neuerlicher Rost gebildet und es wird klar, dass wir den Tank komplett aufschneiden müssen. Nur so können wir den Rumpf ordentlich abschleifen und neu lackieren.

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Da die Oberseite des Tanks gleichzeitig der Boden in unserer Bordwerkstätte darstellt, heißt das, dass wir den Boden mittels Winkelschleifer und Trennscheiben komplett aus dem Boot schneiden und – wie im restlichen Boot – einen neuen Boden aus Holz einpassen werden.

Um die Lackarbeiten erfolgreich erledigen zu können, mussten wir vorerst auf ein Seegebiet warten, in dem das Klima möglichst ausgeglichen und trocken ist und in dem wir eine geschützte und möglichst einsame Ankerbucht finden könnten, um die Arbeiten ohne zu stören zu erledigen. Alaska und Kanadas Küste vielen schon mehr oder weniger wegen dem unstabilen Wetter aus, wenn wir auch die starken Gezeiten in Cordova, Alaska, nutzten, um trocken zu fallen und diverse Eisschäden an der Unterwasserfarbe vorläufig ausbesserten. Auch holten wir uns in Alaska einen Eindruck von den Lacken, die hier von den Fischereifahrzeugen genützt wurden. Entlang der amerikanischen Westküste weiter im Süden gibt es praktisch keine einsamen Ankerbuchten, weshalb wir uns entschieden, die Arbeiten in Mexiko zu erledigen. Noch in Washington State kauften wir allerdings alle nötigen Lacke plus Verdünnungen, da wir uns für Lacke der Firma International entschieden hatten. Diese Entscheidung kam nicht aufgrund guter Beratung – denn die war leider nicht vorhanden – sondern aufgrund des Einsatz der Lacke in der Fischerei und der Preis- Leistung. Da wir generell mit unserem bisherigen Farbaufbau zufrieden waren, haben wir auch nun wieder zweikomponentige Epoxydlacke als Rostschutz gewählt (Interzinc und Intertuf) und Polyurethan als Decklack (Interthan).

Arbeiten auf Deck
Auf Deck bessern wir einige Stellen aus, die erste Rosttränen zeigen.

Wichtig für unsere Arbeit in einer Ankerbucht in Mexiko ist, alles nötige an Bord zu haben. Noch in der USA kauften wir daher Trenn- und Schruppscheiben für den Winkelschleifer, Pinsel und Staubmasken und füllten die Benzinkanister für den Generator. In La Paz, Mexiko, füllten wir die Lebensmittelschapps und Wassertanks, um lange Zeit autark vor Anker leben zu können. In einer Bucht wenige Seemeilen vor La Paz ging es dann an die Arbeit. Im Zuge der Schleif- und Lackarbeiten in den Backskisten montierten wir auch die neuen Püttinge für den Schleppanker zu beiden Seiten des Hecks. Der Anker sollte bei schwerer achterlicher See in Zukunft mittels schweren Schäkeln geriggt werden.

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Tagelang ist das Deck überhäuft mit Trossen, Segel und allem möglichen Ausrüstungsgegenständen aus den Backskisten. Gut, das hierimmexikanischenNiederkalifornienDiebstahlkeinThemaist! Sobald die Backskisten entrostet und mit etlichen Lagen neuem Lack gestrichen sind, beginnen wir die Arbeiten im Vorschiff. Mittlerweile hat unser billiger Winkelschleifer seinen Geist aufgegeben und so bleibt uns nur unser Markengerät (welches übrigens auch die gesamte Restauration von LA BELLE schadlos überstanden hat!). Damit wechseln wir uns von nun an ab. Ich arbeite in dem Ankerkasten, während Jürgen den Boden aus seiner Werkstätte heraustrennt. Obwohl wir den Durchgang zur Kajüte mit Plastik abgehängt haben, wird das Leben auf LA BELLE EPOQUE beschwerlich. Der Stahlstaub schafft es, Löcher in der Plane zu finden und bald bedeckt eine satte Staubschicht das Boot innen wie außen. Natürlich sieht mittlerweile auch das Deck eher traurig aus. Der Stahlstaub ist über einige Regentage und während des Taus in der Nacht verrostet und so überzieht eine regelrechte Rostschicht das Deck.

Aber damit haben wir gerechnet. Sobald die Schleifarbeiten im Schifferl erledigt sind, putzen und schrubben wir das Boot. Im Inneren mittels Scotch Brite und Putzmittel, die Hölzer schleifen wir gleich mit und verpassen ihnen einen neuen Anstrich aus Leinöl. Außen schrubben wir das Deck mit Drahtbürsten. Die Sonne brennt erbarmungslos auf uns und zu spät erst merken wir den Sonnenbrand, der Abends unsere Rücken schmerzen lässt.

Rostarbeiten
Auch in den Backskisten müssen einige Roststellen bearbeitet werden.

Längst haben wir uns entschlossen, die Kajüte und das gesamte Deck neu zu lackieren um wieder eine einheitliche Farbschicht zu erhalten. Da wir die kommende Zeit in tropische Klimazonen verbringen werden, nutzen wir die Gelegenheit um die Farben an Deck heller zu gestallten. So wird das Deck hoffentlich in Zukunft weniger heiß. Wir putzen das Deck mit Verdünnung und tragen anschließend neuen Polyurethan-Lack in hellem Gelb und Weiß auf. Mit feinem Sand bessern wir die Antirutsch-Flächen aus und vergrößern sie über Flächen, die wir bisher ohne Sand gehalten haben. Für uns hat sich diese Art von Antirutsch-Belag sehr gut bewährt, selbst bei leichtem Eis auf Deck hatten wir in Vergangenheit einen guten Halt. Der Nachteil, dass nach einiger Zeit etwas Sand sichtbar wird, da man den Lack darüber abtritt, wird mit der gelben Farbe gut kaschiert: Sie wird einfach etwas dunkler.

neuer Decksbelag
Arbeiten auf Deck: ein neuer Farbanstrich muss her!

Das Leben an Bord wird einfacher, nachdem Deck und Kajüte wieder sauber sind. Einen Tag verbringen wir damit, das Rigg neu zu stellen. Wir hatten während der Arbeiten an Deck einige Wanten und Stage gelöst, weshalb das ganze Rigg nun neu getrimmt werden muss. Auch nutzen wir den sonnigen, windarmen Tag, um das Rigg bis zum Masttop zu überprüfen. Eine Arbeit, die wir ohnehin vor dem langen Pazifik-Segelschlag durchführen müssen.

Nun bleibt nur noch die Holzarbeit: Mittels OSP-Blatten fertigt Jürgen einen neuen Boden für seine Werkstatt. Zum Schluss muss das Boot noch einmal grundlegend geputzt werden, um Holzstaub und Sand von den Lackarbeiten an Deck los zu werden. Ein knappes Monat ist vergangen seit wir unseren Anker in dieser Bucht fallen ließen. Mit der Taucherausrüstung gehts zu guter Letzt noch unters Boot, um die mittlerweile gewachsenen Muscheln los zu werden. Endlich wird es Zeit für uns, das Segeln in Mexiko zu genießen!

 

Ein Kommentar

  1. Herzlichen Dank für den Erfahrungsbericht!

    Die Informationen von International mir gegenüber waren zum Glück etwas besser, ich habe Kontakt zu einem approbierten Inspektor für Beschichtungen in der Großschiffahrt bekommen. Im Innenbereich und eventuell an Deck werde Ich mein Glück mit Owatrol-Gründen und Lacken versuchen (Owatrol CIP, Owatrol Deco).

    Leider will vorher noch einiges an Stahlbau bewältigt werden (Cockpit, Deckshaus, neuer Propellerbrunnen, Bugplatte).

    Mein Projekt ist die Überarbeitung der Vega, einer ‚Joshua 40‘.

    Liebe Grüße, Armin

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