Von der „mitreisenden Partnerin“ zur Seglerin

Auch du möchtest gemeinsam mit deinem Partner aufbrechen, als Seglerin um die Welt ziehen und fremde Länder bereisen? 

Doch du hast Zweifel, ob du es schaffen kannst, auf einem kleinen Boot glücklich zu sein? Ob du die Trennung von deiner Familie und Freunden überstehst? Ob es eurer Beziehung schaden wird, so sehr aufeinander angewiesen zu sein? 

Du bist dir nicht sicher, welche Fähigkeiten du für ein gemeinsames Leben an Bord lernen solltest? Welches Wissen nötig wird, sobald ihr da draußen seid? Wie ihr euch gegenseitig an Bord unterstützen könnt? Und was du tun kannst, wenn der Bordfriede mal schief hängt?

Die vielen Seglerinnen um die Welt, die wir während unserer bisherigen Jahre auf den Weltmeeren getroffen haben, lassen sich auf keinen Fall in einen Topf werfen. Sie sind so unterschiedlich im Charakter, wie sie nur sein könnten. 

Doch eines haben die meisten (uns bekannten) Blauwasserseglerinnen gemeinsam: Sie fühlen sich als reisende Seglerinnen wohl. Und das, obwohl viele unter ihnen die Idee des Segelns nicht gesponnen haben, sondern durch die Träume ihrer Partner zu Ozeanreisenden geworden sind. 

Zu Beginn ihrer Reisen hatten viele dieser Seglerinnen allerdings ernsthafte Zweifel, ob sie es schaffen könnten, das Leben zuhause bei ihren Familien gegen ein Leben auf dem Wasser und in der Fremde eintauschen zu können. Und es wäre nicht richtig, zu behaupten, dass diese Umstellung für jede Frau gleich leicht ist und ohne Probleme von sich geht.

Aber es scheint, dass es sich immer wieder um dieselben oder zumindest um ähnliche Startprobleme handelt. Doch viele dieser Startschwierigkeiten müssen nicht sein!

Ich zeige dir in mehreren Folgen, wie du dir deinen Start ins Abenteuerleben leichter machen kannst!

Hier also die ersten drei wichtigen Schritte zur glücklichen Weltenseglerin:

Das Wichtigste: Lerne Segeln und Navigieren

Gerade die Tatsache, dass viele reisende Seglerinnen vorm Aufbruch kein Interesse am Segelsport hatten, ist die erste große Hürde. Und um diese Hürde zu umgehen, gibt es nur eine Lösung: Lerne zu Segeln und zu Navigieren!

Frauen am Steuer
Segeln lernen kann Spaß machen! Bild: © Doris Pötscher, Seefahrtschule Nautika

Nur wenige Bordfrauen, die ohne Segelkenntnisse unterwegs sind, fühlen sich am Boot wohl. Viel mehr erleben sie eine Unsicherheit und eine Hilflosigkeit, die bereits bei geringen Herausforderungen in Angst und Zweifel umschlagen kann und das Leben an Bord zum Albtraum werden lässt.

Und so selten das Fahrtensegeln auch gefährlich wird, diese Unsicherheit und Angst von „Mitfahrerinnen“ ist durchaus angebracht, vor allem bei einer kleinen Familiencrew. Denn es kann zu einer Situation kommen, in der alles von den Fähigkeiten des Einzelnen abhängt.

Undenkbar zum Beispiel, wenn dein Partner über Bord gefallen ist und du alleine weder das Boot wenden, noch den Motor anwerfen kannst, um deinem, langsam im Kiewasser verschwindenden, Partner zu retten. Wenn alles, was dir bleibt, der Griff zum Funkgerät ist und die schwindende Hoffnung, dass ein anderes Boot deine Seenot hört und zur Hilfe eilt. Sofern du überhaupt das Funkgerät bedienen kannst.

Selbst ohne Seenot ist das eigene Können wichtig. Immerhin wirst auch du wie jedes Crewmitglied Wachen fahren. Das heißt, du wirst immer wieder viele nächtliche Stunden damit verbringen, das Boot durch die Nacht zu segeln während deine Familie für ein paar Stunden schläft. Und dabei wirst du die Verantwortung tragen und Entscheidungen treffen müssen. Wenn du – wegen jedem Licht, dass du am Horizont siehst, oder wegen jeder Kursänderung, die die Windsteueranlage plötzlich macht, wegen jedem Windhauch, der zugelegt hat und jedem Segelschlagen, das von oben kommt – deinen Partner aus der Koje hohlen musst, dann wird früher als später der Bordfriede schief hängen! Dann wird dein Partner übermüdet und grantig werden. Seine Entscheidungsfähigkeit wird mit seiner Übermüdung abnehmen, deine Nervösität vorm nächsten Aufwecken wird dagegen steigen. Dein Wunsch nach weniger Abhängigkeit wird immer lauter werden und du wirst keinen Gefallen am Segeln haben. 

Und dabei ist es eigentlich nicht schwer, segeln zu lernen. Allerdings solltest du dir Gedanken machen, wie und mit wem du segeln lernen kannst. Viele Blauwasserpaare sind der Meinung, dass die Bordfrau das Segeln unterwegs von ihrem Mann – dem Skipper – lernen kann. Das funktioniert bei manche, aber bei weitem nicht bei jedem Paar.

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Nicht jeder Segler auch ein guter Lehrmeister. Und dem eigenen Partner etwas zu lernen kann eine Herausforderung werden. 

Etwas zu lernen heißt auch, es so oft selbst versuchen zu dürfen, bis das Manöver funktioniert. Ein nervös gewordener Partner, der ins Steuerrad greift oder Manöverbefehle bellt, weil du etwas spät reagierst oder leicht überfordert bist, hilft dir dann nicht wirklich weiter.

Auch überschätzen sich viele angehende Fahrtensegler selbst. Sie sind selbst unsicher und zu ungeübt, um den Partner druckfrei einzuschulen.

Deshalb solltest du noch vor Start der Reise sowohl das Segeln als auch das Navigieren lernen. Du kannst es ja versuchen, ob dein Partner ein guter Lehrmeister ist, aber falls nicht, must du anderswo Hilfe suchen. Du solltest so viel Energie und – wenn nötig – auch so viel Geld im Segellernen verschwenden, wie du eben brauchst, um dich als sichere Seglerin zu fühlen. 

Das Boot sicher durch alle Reviere bringen zu können gibt Selbstvertrauen und macht Freude.

Der zweite Schritt: Mach dich vertraut mit eurer Yacht!

Eine fähige Blauwasseryacht unterscheidet sich meistens stark von Schulbooten, Clubyachten und den Freizeityachten deiner Freunde. Und das ist auch der Grund, weshalb es noch lange nicht reicht, sich nach absolvierten Segelkursen entspannt zurückzulehnen.

Eine Blauwasseryacht kann sich von den Yachten der Segelschule sehr unterscheiden…

Es ist an der Zeit, gelernte Fähigkeiten auf dem eigenen Boot zu versuchen. Du musst die Eigenheiten der eigenen Fahrtenyacht kennenlernen und den Umgang mit ihr üben. 

Dazu gehört, die Yacht auch über mehreren Stunden und auf allen Kursen von Hand zu steuern, die Segeln zu trimmen und das Gefühl aufzubauen, wie das Boot auf dich und deinen Trimm reagiert. Du musst den Motor und die Elektronik an Bord bedienen lernen. 

Und du musst – auch wenn du dich vielleicht gerne davor drücken möchtest – das An- und Ablegen der Yacht üben. Keine Sorge, über verpatzte Anleger kann jeder ehrliche Segler erzählen und solange du das Manöver abbrichst und einfach neu ansteuerst, bevor es schief geht, wird auch nicht viel passieren.

Verbringe genug Zeit, dich mit der Elektronik und den Funkgeräten an Bord vertraut zu machen. Du wirst vermutlich unterwegs Freude daran finden, auf den elektronischen Karten zu stöbern und die bevorstehenden Ziele mitplanen zu können. Und du wirst mit deinen neuen Freunden – den Blauwasserseglern unterwegs – gerne über Funk Kontakt halten wollen.

Seglerinnen um die Welt

Diese beiden ersten Lernphasen werden dich bereits auf den dritten und vielleicht wichtigsten Punkt zur glücklichen Seglerin bringen:

Versucht gemeinsam ein Segelteam zu werden!

Es ist eine Sache, als Partner in einem Haushalt zu leben, das Leben als Team am Segelboot ist eine ganz andere Situation. Gerade anfänglich kann das Segeln beide Partner überfordern und somit Stress auf die Beziehung ausüben.

Während frisch eingeschulte Bordfrauen bei Überforderung gerne mal leise werden, oder gar den Tränen nahe kommen, können ihre (vermeindlich erfahrenen) Bordmänner in ihrer eigenen Überlastung auch mal laut werden und einen befehlerischen Ton anlegen. Und so sind beide Partner gefordert, die eigenen Unsicherheiten zu überwinden, auf den Segelpartner einzugehen und die Aufgaben bestmöglich aufzuteilen. Und beide Partner sollten sich darüber klar sein, dass ein Selger, der schreiend ein Manöver durchführt und dabei die Hände aller Crewmitglieder braucht, um an der Katastrophe vorbeizuschrammen, hat den Fehler bei sich selbst und nicht bei seiner Crew zu suchen! (Ich habe noch nie ein Manöver gesehen, wo die nervöse, fenderschwingende Bordfrau mit dem schreienden Skipper am Rad wirklich schuld daran war, dass das Boot eine Schramme an der Hafenmauer abbekommen hat 😉

Es kann Fingerspitzengefühl fordern, das eigene Verhalten und das deines Partners aufeinander abzustimmen. Vor allem, wenn bei schief gelaufenen Manövern Wutausbrüche, Lethargie oder Zweifeln an den Fähigkeiten des Partners aufkommen.

Bei Wutausbrüchen deines Partners, die vielleicht auch noch lautstark passieren, kann es helfen, die erste Wut verrauchen zu lassen, ohne dass du sie dir ans Herz gehen lässt. Meist ist in diesem Moment keine Zeit, dass ein Streit vom Zaun bricht. Doch solltest du diesen Tumult nicht unter den Tisch kehren. Sprich deinen Partner an und mach ihm klar, dass er so nicht mit dir umgehen darf. Du bist sein Partner und nicht sein Segellakai – er muss an seinem Verhalten arbeiten.

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Verbunden mit Seekrankheit kommt oft Lethargie. Lass dich deshalb nicht vom passiven Verhalten deines Partners verunsichern. Seekrankheit und Lethargie ist keine Schwäche. Es wird verschwinden, sobald es ihm wieder gut geht. 

Am schlimmsten für ein Segelteam ist aber der stille Vorwurf, wenn einer die Fähigkeiten des anderen ernsthaft bezweifelt. Bezweifelt die Seglerin die Entscheidungen des Seglers, fühlt sie sich manchmal obendrein als hilfloses Opfer. Vor allem, wenn die Reise auf seinen Träumen gebaut wurde und er sich als Skipper an Bord fühlt.

Auch auf engstem Raum und zu zweit kann frau sich schell unverstanden und alleine fühlen!

Fühlt sich einer von euch durch das Verhalten des anderen nicht wohl, muss diese Tatsache ausgesprochen werden. Nun seid ihr beide gefordert, an eurem Segelteam zu arbeiten. Und vielleicht ist es auch nötig, gemeinsam weiterzulernen. 

Von Anfang an sollte ein wichtiger Punkt an Bord geklärt werden: Die Hierarchie! Nur weil ihr in der Segelschule gelernt habt, oder auf Chartertörns damit einverstanden ward, dass es an Bord von Segelbooten immer (?) eine Rangordnung gibt, heißt das nicht, dass eine Hirachie an Bord auch für euch eine gute Lösung ist. Wir und viele andere Segelpaare segeln seit vielen Jahrzehnten ohne Bordhierarchie glücklich und gekonnt über die Weltmeere. Und während die Einteilung zu Skipper und Bordfrau bei machen Paaren unterwegs wunderbar funktioniert, es eine Hierarchie an Bord von anderen Segelpaaren schier undenkbar.

Ihr müsst gemeinsam entscheiden, wie ihr als Segelteam miteinander leben wollt. Auch diese Frage muss mit viel Fingerspitzengefühl behandelt werden. Damit ihr sicherstellt, dass ihr euch beide dauerhaft an Bord wohlfühlen könnt. 

Diese drei ersten Grundlagen werden von Reisebeginn an nicht nur helfen, dass du als frischgebackene Seglerin sicherer in dein neues Leben auf den Weltmeeren startest. Du wirst anfängliche Ängste und Unsicherheiten leichter und schneller überwinden und mehr Spaß an Bord haben. Und du wirst wesentlich dazu beitragen, dass ihr gemeinsam sicher euer Abenteuer bestreitet. 

Immer noch die beste Crew für Blauwasserreisen: die Famileincrew!

 

Kommenden Donnerstag gehts weiter: Schau rein und erfahre, welche größten Herausforderungen viele Frauen zu Beginn ihrer großen Weltreise unter Segel erleben und wie du selbst gegen diese Probleme ankommen kannst.

 

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