Bei der Konzipierung des Fassungsvermögens von Diesel an Bord geht es nicht einfach nur darum, wie viele Seemeilen die Fahrtencrew über Ozeane tuckern will. Oder ob die Eigner lieber den Motor anwerfen, anstelle auf die nächste Brise auf Hochsee warten. Die Größe und Wartung der Dieseltanks ist viel mehr eine Frage der Unabhängigkeit und der Sicherheit der Yacht. Größere Tanks werden auf weltweiter Fahrt nämlich in der Regel nicht auf Hochsee, sondern entlang der Küsten benötigt.

Auf weltweiter Fahrt werden große Dieselreserven nicht etwa auf Hochsee, sondern viel mehr entlang der Küsten benötigt!

Auf ersten Blick mag das überraschen, doch gibt es an Küsten oder in engeren Seerevieren einige Vorteile, die eine größere Motorreichweite mit sich bringen:

Reichweite bringt Sicherheit

Geratet eine Yacht auf Hochsee in Sturm, ist für viele Crews das Ablaufen die erste Wahl der Sturmtaktik. Eine Taktik, die vor allem eines voraussetzt: genügend Seeraum. Denn solange kein Treibanker mit hoher Bremskraft (zum Beispiel ein Jorden-Reihentreibanker oder ein nachgeschleppter kleiner Fallschirm-Seeanker) ausgebracht ist, wird die Yacht beim Ablaufen viele Meilen zurücklegen. Vor allem, wenn sie sich auf der Rückseite eines Tiefdrucksystems befindet und deshalb „mit“ dem Sturm läuft. 

Im Küstenbereich oder in „kleineren“ Seerevieren zwischen Küsten kann schnell der nötige Seeraum fehlen, um einen großflächigen Sturm abzulaufen.

Bestenfalls kann dann auf eine andere Sturmtaktik unter Segel, Beigedreht oder vor einem vorhandenen Seeanker zurückgegriffen werden. Doch muss die Crew alle Mittel an Bord rechtzeitig einbeziehen, um nicht auf Legerwall zu geraten. Und dabei kann ein Schiffsdiesel mit ausreichender Reichweite. Deshalb sollte genug Treibstoff an Bord sein, um tagelang gegen Sturmwind die Schiffsposition halten, oder vorm Aufzug eines Sturms rechtzeitig einen sicheren Hafen (beziehungsweise den voraussichtlich weniger gefährlicheren Quadranten des Sturmtiefs) erreichen zu können. Gerät die Yacht dennoch an eine Leeküste, ist das Aufkreuzen mit Zuhilfenahme des Motors sinnvoll, da so mehr Höhe gekniffen werden kann.

Sturmsegeln Gegenangriff mit Motorunterstützung
Mit Motorunterstützung das Boot gegen einen Sturm zu halten mag zwar in manchen Fällen unbequem sein, sollte aber für eine stabile Blauwasseryacht durchaus möglich sein. Wir haben sogar die Erfahrung gemacht, dass unsere LA BELLE EPOQUE unter Sturmbesegelung und mit Motorunterstützung überraschend ruhig und kursstabil hoch am Wind gegen Sturm läuft. Die Motordrehzahl wird dabei möglichst langsam gewählt, um gute Kursstabilität zu erreichen ohne dabei das Boot so vorwärts zu treiben, dass sie über die Wellenkämme „springt“.

In vielen Seegebieten besteht zusätzlich das Problem, dass wechselhafte Wetterlagen nur wenige Tage für die Überstellung der Yacht ins Zielgebiet erlauben. Als Beispiel sind hier vor allem die Reviere der gemäßigten Breiten zu erwähnen. Segelt die Blauwasseryacht zum Beispiel im Zuge einer Weltumsegelung von den Südseeinseln nach Neuseeland, verlässt sie die tropischen Reviere und erreicht die Wechselwirkung zwischen Hoch- und Tiefdrucksystemen der gemäßigten Breiten. Aufgrund der durchziehenden Systeme muss die Yacht deshalb durch wechselnde Windverhältnisse segeln – bestenfalls Verbunden mit Gegenwind im südlichen Quadranten und Flaute im Zentrum eines durchziehenden Hochs. In solchen Revieren beigedreht beziehungsweise in Flauten auf geeignete Windverhältnisse zu warten bedeutet oft genug, ein Wettrennen gegen das nächste Tiefdrucksystem zu verlieren und in Frontenwetter, Gewitterstürme, Verstärkungszonen oder schlimmstenfalls in ein ausgeprägtes Sturmtief zu geraten. In der Praxis riskieren dies eigentlich nur Yachtcrews, die aufgrund ihrer geringen Dieselmenge keine Alternative haben.

2016 erlebten wir das traurige Ende einer Fahrtenyacht, die am Weg von Australien nach Neuseeland in der Tasman See vor einem Sturm ablief. Gegen alle Voraussagen zog der Sturm nicht weiter, sondern stagnierte. Die Yacht legte über Tage genug Seemeilen zurück, um schließlich an der Küste von Neuseeland in Seenot zu geraten und zu stranden. Genügend Diesel in den Tanks hätten der Yachtcrew helfen können, rechtzeitig die Taktik zu ändern und mit Hilfe des Motors und minimaler Sturmbesegelung gegen den Starkwind Höhe zu halten, bis die Annäherung an die Küsten Neuseelands möglich war.

Aber auch ohne der Extremsituation von Sturm oder drohender Wetterverschlechterung bringt eine hohe Reichweite mehr Schiffssicherheit. Zum Beispiel, wenn sich die Yacht in ausgesprochenen Strömungsrevieren befindet. Natürlich liegt eine gute Tidenplanung jeder sicheren Fahrt in einem Strömungsrevier zugrunde. Doch haben wir oft genug erlebt, dass die Windverhältnisse unter Land die beste Planung zunichte machen können. Windeffekte an der Küste – wie Landwind, Windstau oder Windabdeckung – werden von vielen Wettervorhersagen nicht ausreichend berücksichtigt und oft genug bietet der Motor die letzte Möglichkeit, rechtzeitig durch eine strömungsgeplagte Etappe zu gelangen bevor die Tide kentert und Strömungen die Weiterfahrt unmöglich oder gefährlich werden lassen. Groß dimensionierte Dieselvorräte bringen dann der Yacht vor allem in Revieren mit weiten Distanzen zwischen Versorgungshäfen einen Zuwachs an Sicherheit.

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Reichweite bringt Unabhängigkeit

Vor allem schwere und große Blauwasseryachten werden selten dazu verwendet, selbst Hafenmanöver, Ankermanöver oder das Passieren von Engstellen unter Segel zu meistern. Es ist üblich und sinnvoll, die Yacht unter Motor in fremde Buchten und Häfen zu steuern und es kann schlichtweg gefährlich werden, wenn die Yachtcrew versucht, einzig unter Segel in unbekannte Pässe von Atollen oder durch felsige Einfahrten in Ankerbuchten einzulaufen. Selbst das Ankermanöver benötigt in der Regel einige Zeit unter Motor: die Bucht muss ausgefahren und gelotet werden bevor der Anker gesetzt und mittels Motorkraft ordentlich eingefahren wird. Handelt es sich dabei um Gebiete mit Korallen (zum Beispiel viele Südseeinseln), ohne hochwertige Seekarten (zum Beispiel in Grönland), oder um Reviere, die Landleinen nötig machen (zum Beispiel Patagonien) kann alleine dieses Ankermanöver eine Stunde oder länger unter Motor benötigen. Verfügt die Yacht über ausreichend große Dieselreserven, kann sie sich folglich länger in abgeschiedenen Gebieten aufhalten und diese spannenden Reviere erkunden. In der Praxis hat sich außerdem gezeigt, dass nur wenige Blauwassercrews die Strapazen auf sich nehmen, in schwer erreichbare Gebiete (zum Beispiel gegen die Passatwinde) zurückzukehren, nachdem sie weitergesegelt sind, um ihre Vorräte aufzufüllen. 

Strömung
Manchmal verlangen Strömungsreviere den Einsatz des Schiffsdiesels.

Dieselvorrat in Verbindung mit schmutzigen Diesel und Dieselpest

Ein besonderes Thema auf Langfahrt ist in vielen Revieren leider auch das Bunkern von schmutzigen Diesel. Verfügt die Yacht über möglichst große Tankkapazitäten, kann im Zweifelsfall sauberer Dieselvorrat aus Länder mitgebracht werden, in denen man gute Qualität erwerben kann. Die Crew ist somit nicht gezwungen, „überall“ Diesel tanken zu müssen und kann in Zweifelsfall das Tanken in berüchtigten Ländern oder Gebieten auslassen. Im Zusammenhang mit schwankenden Dieselpreisen können große Tanks außerdem zum Sparen von Mehrkosten genützt werden. 

Allerdings haben große Tanks auch den Nachteil, dass Diesel oft über längere Zeiträume gebunkert wird, sich Kondenswasser im Tank bildet und ein Ausbruch der Dieselpest die gesamte Motor- und Heizungsanlage gefährdet.

Wasser, Schmutz und Bakterien im Diesel sind Hauptursache für den Ausfall des Dieselantriebs auf Fahrtenyachten und führen zu teure Motorreparaturen unterwegs, da schmutziger Diesel die Einspritzanlage von Dieselmotoren zerstört. Große Filteranlagen (mit Ersatzfilter an Bord) gehören zu den wichtigsten Bauteilen der Anlage. Die Standard-Filteranlagen vom Motorenhersteller sind nur unzureichender Schutz des Motors in Blauwasseryachten. 

Auch muss beim Tanken besondere Sorgfalt betireben werden, um keinen mit Dieselpest verschmutzten Diesel zu tanken. Im Zweifelsfall Diesel zuerst in (durchscheinende) Kanister tanken, kurz stehen lassen und den Kanister auf Separierung des Diesels kontrollieren. Bei verschmutzten Diesel setzt sich schon nach kurzer Zeit Wasser und Schmutz am Boden des Kanisters ab.Nur sauberen Diesel in die bordeigenen Tankanlagen füllen. 

Werden große Dieselvorräte an Bord einer Yacht gestaut, muss deshalb besonders auf die Sauberkeit der Tanks geachtet werden. In der kommerziellen Schifffahrt werden deshalb teilweise Filteranlagen verbaut, mit denen die Tanks laufend gereinigt werden können. An Bord von Yachten ist es eher üblich, den Dieselvorrat durch Beigabe von wachstumshemmende Zusätze zu schützen und mittels einer eigenen Pumpe Kondenswasser und Schmutz vom Boden der Dieseltanks regelmäßig abzusaugen. Große und laufend kontrollierte Filteranlagen (separate Vor- und Feinfilter und Wasserabscheider vor dem motoreigenen Dieselfilter) sind außerdem auf jeder reisenden Fahrtenyacht unumgänglich. Zugängliche Tanks, die mechanisch gereinigt werden können sind ideal, bleiben aber auf vielen Yachten eher die Ausnahme.

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Dieselfilter
Dieselfilter mit Wasserabscheider können bereits vom Haupttank zum Tagestank angeordnet werden und ermöglichen eine weitere Filteranlage zwischen Tagestank und Motor.

Zusätzlicher Dieselvorrat für Heizung, Strom und Wasserproduktion

Zusätzlich zum Dieselverbrauch des Antriebs kommt bei vielen Blauwasseryachten auch der Dieselverbrauch zur Stromversorgung für Wassermacher, Gefrierschrank, Tauchkompressor oder ähnliches hinzu. Allerdings ist es heute auf Blauwasseryachten kaum noch üblich, die gesamte Stromversorgung mittels Dieselaggregat zu betreiben, dafür haben sich alternative Anlagen wie Solar, Wind- und/oder Strömungsgeneratoren bewährt. Auch wird bisher nur auf wenigen Blauwasseryachten mittels Strom oder Diesel gekocht.

Ist die Yacht in kühlen oder kalten Revieren unterwegs, wird meistens die Heizungsanlage mittels Diesel betrieben und der Verbrauch von Yachtheizungen können durchaus bemerkbar hoch sein. Ein eigener Heizöltank kann vor allem bei längeren Aufenthalten in kalten Revieren durchaus sinnvoll werden.

Unter Motor im Eis
Eisfahrten sind selbst mit stabilen Expeditonsyachten manchmal besser bei Flaute und unter Motor zu versuchen!

Empfehlenswerte Dieselkapazitäten von Blauwasseryachten auf weltweiter Fahrt

Eine sinnvolle Tankkapazität an Bord einer Yacht hängt natürlich vom durchschnittlichen Verbrauch des Dieselmotors ab. Wir empfehlen, in den meisten Fahrrevieren auf Blauwasserreise eine Tankkapazität für 700 bis 800 Seemeilen unter Marschfahrt an Bord zu haben, zusätzlich des benötigten Heizöls für kalte Reviere. An Bord von LA BELLE EPOQUE verbraucht der Dieselmotor durchschnittlich 3l Diesel für eine Marschfahrt von 6kn unter normale Bedingungen, was eine mindeste Tankgröße für 350l Diesel ergibt.  Tatsächlich führen wir in Haupt- und Tagestank zirka 500l Diesel für den Einsatz am Motor mit. Zusätzlich verfügen wir über einen extra Heizöltank und Heizöl-Tagestank, die vollständig getrennt vom Dieseltank für den Motor sind. 

In manchen Revieren können 700 Seemeilen Reichweite allerdings zuwenig werden. Vor allem in der Nordwestpassage sind Reichweiten von mindestens 1000 Seemeilen nötig, da Packeis einen erhöhten Einsatz des Dieselmotor nötig werden lassen kann. Auch kann Packeis das Anlaufen einer Ortschaft vereiteln, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass die nächste erreichbare Tankstelle weit entfernt liegen kann.

Wichtig auf Langfahrt bleiben außerdem stabile Diesellkanister, die sicher und so tief als möglich im Boot verstaut werden können. Nicht in jedem Land kann davon ausgegangen werden, eine geeignete Schiffstankstelle im Hafen vorzufinden oder mittels Dieseltruck betankt werden zu können. Dann bleiben Kanister die einzige Möglichkeit, Diesel zu bunkern. Als kleinen Tipp empfehlen wir zusätzlich einen klappbaren Paketroller, um den Transport zum Boot zu erleichtern.

Die Aufteilung von Dieseltanks

Wir sehen es als ideal, dass die Tankkapazitäten an Bord auf mehrere Tanks aufgeteilt werden. Wird der Dieselmotor nicht direkt aus dem Haupttank versorgt, sondern verfügt er über einen Tagestank, kann der Diesel bereits erstmalig vom Haupttank zum Dieseltank durch Filteranlagen laufen. Weitere Filteranlagen können problemlos vom Tagestank zum Motor verbaut werden. Außerdem kann der Tagestank über dem Motor installiert werden und kann so den Motor auch noch versorgen, wenn eine Pumpe ausfällt. 

Viele Blauwasseryachten verfügen generell über mehrere Dieseltanks zusätzlich zum Tagestank für den Motor. Das hat den Vorteil, dass in Gebieten, die keine großen Dieselreserven nötig machen, ein einzelner Tank komplett trockengelegt werden kann, anstelle laufend mit halb vollem Tank zu fahren (was eine erhöhte Bildung von Kondenswasser im Tank führen könnte).

Auch garantiert ein zusätzlicher Tank einen besseren Überblick über die Dieselreserven an Bord. Ein zusätzliches Stromaggregat kann außerdem unabhängig vom Haupttank für den Motorantrieb betrieben werden. Verfügt die Yacht über einen eigenen Heizöltank, dann außerdem in manchen Ländern kostengünstigeres und eingefärbtes Heizöl gebunkert werden.

Vorteile von großen Dieseltanks

  • größere Sicherheit durch höhere Reichweite
  • bessere Sicherheit vor schmutzigen Diesel und Dieselpest, da nicht „überall“ nachgetankt werden muss.
  • längere Unabhängigkeit von Hafenanlagen oder bewohnten Gebieten
  • Bequemlichkeit durch zusätzliche Möglichkeit, Strom, Wasser, Tauchluft,… durch Einsatz des Motors zu erzeugen
  • Bequemlichkeit, das Boot in kalten Revieren auf gemütliche Temperaturen heizen zu können
  • Kostenersparnis durch die Möglichkeit, Diesel zu günstigen Preisen bunkern zu können.
  • Weniger Kanister, die zum zusätzlichen Dieseltransport in abgelegene Reviere nötig sind und oft genug nur unzureichend Platz auf der Yacht finden.

Nachteile von großen Dieseltanks

  • höheres Gewicht, das die Yacht mitführen muss und daraus entstehende Beeinträchtigung der Schiffssicherheit bei Überladung
  • höhere Kondenswasser-Bildung im Tank, wenn mit nur teilgefüllten Tanks gesegelt wird
  • höhere Gefahr, Dieselpest zu bekommen, wenn der Diesel unbehandelt über lange Perioden gebunkert wird
  • höhere Kosten, wenn befallener Diesel entsorgt werden muss

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