Schreiben auf Reisen – Teil 2

Seit die Menschen zu Segelreisen mit kleinen Booten aufgebrochen sind, schreiben sie auch darüber. Und mit gutem Grund: Wer auf Reise ist, hat auch viel zu erzählen! 

Im ersten Teil meiner Einführung habe ich die grundlegende Frage, wozu und für wen du eigentlich schreiben willst, beleuchtet.

Schreiben auf Reise – Teil 1

Seit die Menschen zu Segelreisen auf kleinen Booten aufgebrochen sind, schreiben sie darüber. Und das mit gutem Grund: Wer auf Reise ist, hat viel zu erzählen! In loser Folge zeige ich dir, was es zu bedenken gibt, um ausführlich über deine Reise oder deinen Lebensweg berichten zu können…

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Hast du diese Frage damit beantwortet, dass du gerne Texte schreiben willst und diese nicht unbedingt für deinen Freundes- und Familienkreis alleine veröffentlichen willst, kannst du dir bereits Gedanken über das Worüber machen. Und das bringt uns zur nächsten Frage:

Worüber möchtest du schreiben?

Blöde Frage? Du willst natürlich über deine Reise erzählen und damit scheint diese Fragestellung ziemlich unnötig. Aber um einen interessanten Blog, interessante Newsletter oder interessante Artikel zu veröffentlichen, solltest du dir dennoch über das „Worüber“ Gedanken machen. 

Vor allem bei einem Blog oder einer Homepage ist es nützlich, etwas Ordnung in seine Texte zu bekommen und dem Leser einen Überblick zu geben, worüber er auf deiner Seite Lesestoff findet.

Die Reise, Erlebnisse, Empfindungen, Abenteuer, Eindrücke, das Boot, die Technik, Erfahrungen… worüber möchtest du berichten?

Es gibt unzählige Bereiche, über die ein Reisender berichten kann. Je nach Persönlichkeit des Schriftstellers kann der eine oder andere Themenbereich besser oder schlechter passen.

Auch bei der Veröffentlichung von Büchern ist es zielführend, sich über seinen eigenen Inhalt und Stil bewusst zu werden. Denn ein Ratgeber oder Reiseführern verlang einen anderen Schreibstiel als ein Reiseroman oder Erlebnisbericht.

Schreibst du lieber trocken und technisch, hast du sicherlich Talent, Reiseinformationen für deine Leser zu sammeln und zu veröffentlichen. Vermutlich findest du darin auch Genugtuung, denn deine Texte werden von Menschen mit ähnlichen Plänen mit Freude gelesen werden. 

Allerdings solltest du dich in dem Fall auch ehrlich fragen, ob Anekdoten aus dem Alltagsleben deiner Reisen nicht zu trocken werden und ob du sie auflockern könntest. 

So kann zum Beispiel ein laufendes Logbuch, in dem du Seiten über Seiten mit Details über deine Begegnungen mit dem Zollbehörden oder ähnliches füllst, für viele Leser ermüdend und anstrengend sein.

Umgekehrt sollte sich ein Autor, der blumig und „aus dem Bauch“ heraus schreibt nicht unbedingt darauf konzentrieren, Reiseratgeber zu schreiben. Vermutlich liegen seine Talente viel eher daran, alltägliche Begegnungen und Begebenheiten in einer lockeren Form zu erzählen und damit seine Leser zum Schmunzeln oder zum Träumen zu bringen.

Lese wiederholt deine Texte und finde heraus, wo dein Talent liegt!

Eines schließt das andere nicht aus! Gerade ich will natürlich nicht vorschlagen, dass sich jeder Reiseautor nur auf ein Gebiet beschränken sollte. Schreibe ich doch selbst von Gedanken und Seemannsgarn über alltägliche Reiseerzählungen bis hin zu Erfahrungsberichten und Beschreibungen. 

Ich will dich einfach nur darauf hinweisen, dass du dir einen Kopf darüber machen solltest, welche Art an Texten du am liebsten schreibst und worauf du dein Hauptaugenmerk richten willst. 

Willst du – so wie ich – verschiedene Bereiche ansprechen, solltest du dir Gedanken machen, was du als Leser von diesen Texten erwarten würdest und wie du zwischen Erzählung und Fachbericht unterscheidest.

Auch solltest du dir bewusst sein, dass du umso mehr Zeit vorm Rechner verbringen wirst, umso umfangreicher deine Texte und Themenbereiche werden.

Wie werden deine Texte interessant und lesenswert?

Als reisender Schriftsteller oder Blogger hast du einen Vorteil gegenüber arrangierte Reise-Jornalisten: du kannst ohne Vorgaben arbeiten und deine ehrlichen Eindrücke schildern. Und damit kannst du deine Veröffentlichungen auf einen wichtigen Grundstock bauen: 

 Sei authentisch!  
Sei authentisch und bleibe nicht im Schatten!
 Um authentisch zu sein, musst du erst einmal deinen eigenen Stil finden. 

Und dabei hilft es, deine eigenen Lesegewohnheiten zu analysieren:

  • Was gefällt dir an anderen Blogs, Büchern, Berichten?
  • Warum findest du manche Veröffentlichungen kurzweilig und lesenswert?
  • Kannst du dich mit anderen Bloggern/Schriftstellern identifizieren?
  • Und das Gegenteil: warum magst du den einen oder anderen Blog nicht, was gefällt dir daran nicht?
  • Wenn dich ein Text langweilt: warum fühlst du dich gelangweilt?
  • Wenn du abbrichst, einen Blog weiterzulesen: Wo genau brichst du ab und kannst du benennen, warum du die Lust am Weiterlesen verloren hast?
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Diese Überlegungen sollen dich nicht dazu verleiten, den Stiel von anderen Bloggern/Reisenden nachzumachen. Aber sobald du benennen kannst, was du selber gerne liest und was nicht, kannst du „Fehler“ in deinen eigenen Texten leichter finden. Und damit hast du bereits angefangen, deinen eigenen Schreibstiel zu verbessern.

 Meiner Meinung nach hilft etwas Selbstkritik weiter und so rate ich jeden, eigene Texte wiederholt zu lesen und auch kritisch zu betrachten. 

Stell dir folgende Frage stellen:

  • Worüber lese ich bei anderen Reisenden gerne? 
  • Und finde ich in meinen Texten Erzählungen, die mich als Leser langweilen würden?

Langweilige Texte verlangen allerdings nicht unbedingt einem reißerischen Journalismus. Es ist schade, wenn Reiseautoren versuchen, mit übertriebenen Schilderungen ihre „Abenteuer“ zu dramatisieren und sich lächerlich machen, wenn sie zum Beispiel aus dem Diebstahl ihres Beiboots einen „Piratenüberfall mit Lebensbedrohung“ zaubern.

 Schon das Kürzen von Texten kann gegen Langeweile helfen.  

Ich habe einmal gehört, dass jeder Fotograf sein Auge trainieren kann, um in einer Umgebung voller Eindrücke jene Szenen zu erkennen, welche den Unterschied zwischen einem beeindruckenden Foto und einem Schnappschuss macht. Und sei es nur ein einzelner Ausschnitt aus einer Umgebung voller Eindrücke.

Mach es wie ein Fotograf: schärfe dein „inneres Auge“
 Genauso kann auch ein Autor sich selbst trainieren, die tausenden Wörter und Eindrücke in seinem Kopf auszufiltern, um flüssige und kurzweilige Erzählungen zu erzeugen. 

Jede Statistik oder Untersuchung weißt heute darauf hin, dass der größere Teil von Lesern keine Geduld oder Zeit zum Lesen hat. Vor allem, wenn es ums Lesen im Internet oder in Magazine geht. Langatmige Texte ohne Auflockerung durch viele Bilder werden selten zu Ende gelesen. 

Wer nun über die „ungeduldigen Menschen der heutigen Zeit“ mokiert ist, kann sich gerne selber an der Nase nehmen und sein eigenes Leseverhalten im Internet oder in Magazinen beobachten. 

Wie viele mehrseitige Berichte schaffst du selber bis zum Ende zu lesen? Auch wenn dich das Thema interessiert. 

Und wie oft blätterst du auf einer Internetseite oder in einem Magazin weiter, bevor du beim letzten Absatz angekommen bist?

Der eigene Schreibstil lässt sich gegen Langatmigkeit verbessern und formen. Vor allem, indem man seine Texte vor dem Veröffentlichen wiederholt liest und kürzt. 

Erzähle nicht alles, sondern wähle aus.

 Es ist nicht wichtig, jedes Tagesgeschehen aufs genaueste zu schildern. Es kann reizvoll sein, eine Szene heraus zu picken und versuchen, sie dem Leser näher zu bringen.  

Als Reiseautorin meine ich damit nicht, dass man seine Eindrücke verdrehen oder schwindeln sollte. Aber anstelle jeden Tag aufzuzählen, welches Gericht es zu Mittag gegeben hat, ist es vielleicht einmal kurzweilig, einen einzelnen Moment oder ein Gefühl nachzuerzählen.

Nichts als blaues Wasser vor uns? Genauer Betrachtet gibt es viel zu erzählen!

Ich weiß gut genug, wie oft unsere Tage als Blauwassersegler scheinbar ereignislos in den nächsten Tag übergehen. Vor allem, wenn wir uns auf Ozeanpassage befinden. Es gibt nichts langweiligeres, als genau das durch die Beschreibungen der eintönigen Tagesabläufe nachlesen zu müssen. 

Letztlich sind Tagesabläufe auch nur eine sehr oberflächliche Beschreibung. Denn in Wirklichkeit können sich selbst ereignislose Tage mit einer Flut an Eindrücken und Gedanken füllen, wenn man nur genau hinsieht. Wenn man sozusagen wie ein Fotograf sein „professionelles Auge schärft“ und seine Gedanken sammelt.

Als Beispiel: Ich kann mich erinnern, wie segelnde Freunde von uns einmal während einer Passage einen amüsanten Text von einer Grille als blinden (aber nicht stummen) Passagier an Bord auf ihrer Website veröffentlichten. Der Text war kurzweilig zu lesen, brachte mich zum Lachen und hatte einen sympathischen Ton. Ich gehe davon aus, dass die gesegelte Ozeanpassage relativ ereignislos war und eine Beschreibung der einzelnen Tagesereignisse vergleichbar langweilig gewesen währe.

Falls das Erzählen von Gefühlen oder subjektiven Beobachtungen nun nicht zu deiner Persönlichkeit oder den von dir gewählten Schreibstiel passt, gilt immer noch: Weniger ist mehr – besser ein paar Tage ganz auslassen als in Tagebuchform langweilige Wiederholungen zu beschreiben.

Und damit komme ich zur nächsten Überlegung, die du dir stellen solltest:

Welches Bild willst du von dir selbst in der Öffentlichkeit sehen und wieviel willst du von dir preisgeben?

Was einmal veröffentlicht ist, kann nur noch schwer zurückgenommen werden. Selbst, wenn du es aus deiner Homepage löscht, bleibt der Text oft genug irgendwo im Internet zurück und kann jederzeit abgerufen werden. 

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Zwar ist es heute ganz normal, dass man Gedanken und Handlungen bedenkenlos im Internet auf diversen Freundschaftsseiten teilt, dennoch bin ich der Meinung, man sollte zuerst denken, dann schreiben. 

Ich kenne die Aussage, hat man nichts verbrochen, hat man auch nichts zu verbergen. Doch es geht mir nicht ums verbergen, sondern viel mehr darum, welche Seiten der eigenen Persönlichkeit den Leser einen Eindruck verschaffen sollten. 

 Gerade bei unüberlegten Aussagen kann es schnell zum falschen Bild kommen.  

So denke ich zum Beispiel an einen amerikanischen Freund von uns, der viel in Internet-Foren speziell zu Themen rund extremeres Segeln „mitredet“. Sein Ton im Internet ist unverzeihlich, aufbrausend und besserwisserisch. Und das, obwohl er selbst noch nie in schwierigen Revieren gesegelt war (allerdings sammelt er seit vielen Jahren Informationen und kann durchaus interessantes Wissen weitergeben). 

Relativ schnell empfand ich den besagten Herren aufgrund seiner Texte im Internet als unsympathisch und rechthaberisch. Und damit war ich nicht alleine, einige unserer Segelfreunde ärgern sich regelrecht über die Aussagen dieses Zeitgenossen.

Wie sehr ich mich in seiner Person geirrt hatte, musste ich einige Jahre später erleben. Zufällig trafen wir uns an einem Ankerplatz: Ich staunte über seine sympathische und angenehme Persönlichkeit. Er war das wahre Gegenteil zu seinem Internetauftritt: Er hört gerne zu und fragt viel nach, ist weder aufbrausend noch besserwisserisch, aber bereit, sein gesammeltes Wissen zu teilen. Wie schade es doch ist, so einen verpatzten Internetauftritt zu haben.

 Deshalb sei dir bewußt: Dein Leser kann dich nur in jener Form kennenlernen, in der du dich ihm vorstellst. Sein Bild von dir wird immer einseitig bleiben, solange er dir nie gegenüber gestanden hat.  

Sich vorab zu überlegen, welchen Eindruck du mit deinen Aussagen hinterlassen wirst, hilft dir, kein falsches oder einseitiges Bild von dir zu zeichnen. 

Sei gewarnt, absichtlich ein verfälschtes Bild von dir zu malen: Im Internet gibt es genug andere Reisende, die herrliche Blogs oder Websites schreiben. Die Auswahl ist fast grenzenlos. Wenn du übertreibst oder über dich lügst, verlierst du deine Glaubwürdigkeit. Deine Leser werden sich authentischere Blogs finden und bald nicht mehr bei dir vorbeischauen. 

Reißerische Berichte mögen sich wohl gut in der Boulevard-Presse verkaufen, aber sie sind so schnell wieder vergessen, wie sie zusammengereimt wurden. Im Internet auf persönlichen Blogs hat diese Form von Journalismus kaum Platz. Deine Leser werden es viel mehr schätzen, dich als den Menschen zu erleben, der du bist.

Und in diesem Sinne noch ein Tipp mit der Presse:

Eine professionelle Zusammenarbeit mit einem Reporter ist für beide Seiten positiv.
 Solltest du zu dem Punkt kommen, dass ein Journalist über dich schreiben will oder ein Interview mit dir veröffentlichen will, bestehe darauf, vor der Veröffentlichung den Text lesen und notfalls Änderungen verlangen zu können. In der Zusammenarbeit mit guten Journalisten ist das kein Problem sondern viel mehr eine professionelle Selbstverständlichkeit.  

Nur so lassen sich falsch zitierte Aussagen rechtzeitig finden und übertriebene Darstellungen wegstreichen. Immerhin wünschen die wenigsten Reiseautoren unter uns ihr Lebensgeschichte als eine billige Seifenoper wieder zu finden.

Bisher haben wir uns Gedanken über das Wozu?, Worüber? und über das Für wen? gemacht. 

Damit bist du bereits einen großen Schritt weiter in deinen Start als Reiseautor. Nun beginnen deine praktischen Schritte, du bist bereit, einen eigenen Blog /eine eigene Website zu bauen oder andere Wege (Newsletter, Magazinartikel, Facebook-Seite…) zu gehen. Außerdem wirst du nun beginnen, deinen Schreibstil zu entwickeln und zu feilen.

In loser Folgen zeige ich dir, was es zu bedenken gibt, um ausführlich über deine Reise und deinen Lebensweg berichten zu können und damit auch den einen oder anderen Leser zu erreichen.

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Schreiben auf Reise – Teil 1

Seit die Menschen zu Segelreisen auf kleinen Booten aufgebrochen sind, schreiben sie darüber. Und das mit gutem Grund: Wer auf Reise ist, hat viel zu erzählen! In loser Folge zeige ich dir, was es zu bedenken gibt, um ausführlich über deine Reise oder deinen Lebensweg berichten zu können…

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