Das Stehende Gut

Immer mehr HighPerformance Regattayachten werden mit einem Stehenden Gut aus textilen Seilen (Dyneema) ausgestattet. Eine Praxis, die bisher nur wenig auf Blauwasseryachten übertragen wurde. Das liegt mitunter daran, dass bisher Dyneema-Geflechte zu laufenden Kriechen (unelastisches und dauerhaftes Dehnen bei Belastung) neigten und weniger UV-Stabil als Draht sind. 

Moderne Materialien sollten diese Probleme eingrenzen, allerdings kennen wir nach wie vor keine Berichte mit Langzeiterfahrungen an Bord von Blauwasseryachten. Als laufenden Backstagen werden aber auch auf Blauwasseryachten immer öfter Dyneema-Seile eingesetzt. Dyneema ist leichter und angenehmer im Handling als Stahldraht. Auch wir planen, bei einem zukünftigen Austausch der laufenden Backstagen moderne Seile aus Dyneema zu versuchen.

Moderne Dyneema-Wanten und Stegen sieht man nach wie vor eher selten auf Blauwasseryachten. Und noch bietet zumindest der teilweise Einsatz von modernen Materialien eine interessante Alternative. Hier die laufenden Backstagen der Expeditionsyacht LA LOUISE

Der Wantendraht

Am häufigsten trifft man bei Fahrtenyachten nach wie vor Draht als Stehendes Gut an. Für das Stehende Gut wird üblicherweise Edelstahldraht in der Konstruktion 1×19 und 1×19 Dyform verwendet.

Die Bezeichnung des Drahts definiert sich aus der Art und Anzahl der Kadeelen. So besteht 1×19 Draht aus 19 einzelnen Litzen, 7×19 Draht hingegen aus 7 Kadeelen, die wiederum aus je 19 Litzen bestehen. Dyform-Drähte werden aus besonders geformten Drähten gearbeitet, wodurch ein höherer Materialanteil im Querschnitt erreicht wird. Durch diesen höheren Materialanteil wird die Bruchlast erhöht und der Reck gesenkt.

1×19 und 1×19 Dyform Draht ist passend für Wanten und Stagen, währen 7×19 Draht für andere Einsätze an Bord (zum Beispiel Steuerseile oder als Fallen) verwendet werden kann.

Im Regattabereich werden teilweise noch Niro-Stäbe, sogenannte Rod-Riggs, gefahren. Diese sind jedoch verhältnismäßig teuer und benötigen zur Montage eigene Terminals. Der bedeutende Nachteil für Fahrtensegler liegt jedoch beim Rod-Rigg darin, dass Wanten und Stagen aus vollem Material keine Anzeichen für Materialermüdung zeigen. Daher können sie ohne Vorwarnung brechen und müssen regenmäßig ausgetauscht werden. 

Beim Drahtrigg lässt sich Materialermüdung meist durch beginnende Rostflecken oder einzelne gebrochene Litzen erkennen. Vorrausgesetzt, es wird eine aufmerksame Kontrolle des gesammten Riggs laufend durchgeführt. Nur so kann ein Austauch der Wanten bzw. Stage rechtzeitig vor Bruch durchgeführt werden.

1×19 Draht ist nicht sehr lehnig, weshalb er sich schlecht bis garnicht in Herzkauschen legen und pressen/spleißen lässt (ohne dabei das Material zu schädigen). Deshalb gibt es verschiedene Fittings als Lösung. Die sicherlich gängigsten Fittings sind Terminals für Walzpressung, welche durch professionelle Rigger auf den Draht gepresst werden. 

Spleißen von Draht ist nur mit lehnigen Draht wie zum Beispiel 7×19 Draht möglich. Wantendraht eignet sich nicht dazu.

Die Terminals

Wurden Walzterminals aus hochwertigen Edelstahl (Werkstoff Nr. 1.4401) verwendet und diese mit genügend Druck und ohne Verbiegung im Draht aufgepresst, stellen sie eine ordentliche und sehr gute Lösung für hoch beanspruchte Riggs dar.

Einzige Nachteile bestehen darin, dass die Länge der Wanten nicht nachträglich justiert werden können. Das heißt, der Riggplan muss bei Bestellung der Wanten und Stage genauestens stimmen. Selbsthilfe beim Stellen des Riggs, oder wenn Materialermüdung und Probleme entdeckt werden, ist bei dieser Variante daher nicht möglich.

Eine Lösung bieten aufschraubbare Terminals, wie sie von der Firma Stalok bzw. Norseman angeboten werden. Der Nachteil dieser aufschraubbaren Endfittings liegt in ihren hohen Anschaffungskosten.

Verschraubbare Terminals bieten maximale Flexibilität beim Bau des Riggs

Alle diese Terminals sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Je nach Beschläge kann man Aug- oder Gabelterminals verwenden, Terminals mit Gewinde für Wantenspanner, Terminal mit Toggles oder T-Terminals.

Obwohl T- Terminals wahrscheinlich die einfachste Verbindung zwischen Draht und Mast darstellen, sind sie auf Blauwasseryachten nicht optimal. Das resultiert aus der Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Form hohen Ermüdungserscheinungen unterliegen und nur begrenzte Bewegungsmöglichkeit bieten.

Der Bewegungsspielraum der Wanten und Stage ist wichtig, da Abnützung ein häufiger Grund für Riggschäden ist, wenn das starre Rigg unter Belastung in eine unnatürliche Richtung gezwungen wird. Um diese Bewegungsräume zu gewährleisten, verwendet man Toggles. 

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Toggles sind wiederum in Gabel- Aug- und Gewindeausführung erhältlich. Sie werden zwischen Rumpfbeschlag und Wantenspanner eingesetzt. 

Besondere Aufmerksamkeit im Bezug auf Bewegungsfreiheit muss den Vorstagen gegeben werden. Da die Bewegung von segelführenden Stagen wie dem Vorstag besonders hoch sind, werden sie an beiden Enden mit Toggles auszustatten. Ein Bruch vom Vorstag würde katastrophale Folgen für Yacht und Mannschaft haben, da der Mast Richtung achtern umstürzen würde.

Natürlich gelten auch für Toggles gleich hohe Qualitätsansprüche wie für alle weiteren Teile der Verstagung,. Das heißt, sie müssen aus hochwertigen Material geschmiedet werden und gleiche Lochdurchmesser haben. Denn bekanntlich gilt die Bruchlast des schwächsten, verbauten Teils für das gesamte Rigg.

Die Wantenspanner

Dieser Grundsatz gilt auch für die Wantenspanner. Hier kommen für Blauwasseryachten nur Wantenspanner mit offener Hülse in Frage. Zusätzlich müssen diese Wantenspanner aus einer Materialkombination geschmiedet sind, welche ein „Festfressen“ der Gewinde verhindert. Unter Festfressen versteht man den Umstand, dass Verschraubungen, die zur Gänze aus dem gleichen Edelstahl gefertigt sind, beim Verschrauben unter Zugbelastung verreiben können.

Gängig sind hier Materialkombinationen von hochwertigen Edelstahl als Verschraubungen und zum Beispiel verchromtes Bronze als offene Hülse (zum Beispiel von der Fa. Bluewave). Von der Fa. Haselforce werden offene Wantenspanner aus Niro angeboten, die sich aufgrund der verschiedenen Edelstahl- Materialien ebenfalls nicht festfressen.

Die Vorteile von Wantenspanner mit offenen Hülsen sind einerseits die bessere Sichtkontrolle der Gewinde (auf Korrosion und Beschädigung), andererseits die einfache und wirksame Sicherung gegen Aufdrehen mittels Splinte. 

Außerdem sieht man beim Aufschrauben, wie viel Gewinde noch zur Verfügung steht. Durch die offene Form kann sich kein Wasser in der Hülse sammeln, das Korrosionsschäden beschleunigt.

Saubere Lösung: ein hochwertiger Terminal, offene und gesicherte Wantenspanner verbaut mit einem Toggle auf eine weit außenliegenden Pütting.

Wantenspanner mit geschlossenen Hülsen sind meist in billigen Edelstahl-Ausführungen erhältlich. Sie neigen trotz Kontermutter zum Aufdrehen, weshalb sie im Allgemeinen nicht für die Belastung auf Langfahrtyachten ausreichen. Außerdem können billige Ausführungen verreiben und ohne Vorwarnung brechen.

Ebenfalls eine gute, wenn auch nicht sehr gängige Wahl für Blauwasseryachten stellen Zentralspanner dar. Sie arbeiten im umgekehrten Prinzip und sind in der Regel in hochwertigen Ausführungen erhältlich. CR4- Spanner und diverse Stagspanner sind eher auf Regattayachten üblich.

Die Pütting und Mastbeschläge

Wie bereits oben erwähnt, ist das Stehende Gut nur so stark sein wie das schwächste, verbaute Element. Weshalb die Mastbeschläge, wie auch die Püttinge, auf die Stärke des Stehenden Guts abgestimmt sein müssen. Die einfachste und sinnvollste Möglichkeit der Mastbeschläge besteht aus Edelstahlbleche, welche mit einer soliden Gewindestange montiert werden. Die Gewindestange wird quer durch das Mastprofil gesteckt und beidseitig mit gesicherten Muttern verschraubt. Die Gewindestange sollte im Mast durch ein Stützrohr gegen eine Verformung des Profils eingearbeitet sein. 

Bei dieser Variante ist darauf zu achten, dass die Wanten und die Edelstahlbeschläge optimal fluchten, da sonst übermäßige Materialermüdung auftritt.

Besondere Aufmerksamkeit

Häufiger sind heutzutage leider T- Terminals zu finden, bei denen die Beschläge aus hinterfütterten Schlitzen im Mastprofil bestehen. Sie bieten im Vergleich zu den oben beschriebenen Mastbeschlägen nur begrenzte Bewegungsfreiheit und sind, wie bereits erwähnt, nicht für Blauwassersegler empfehlenswert. Für den Dauerbelastungen von weltreisenden Blauwasseryahten wird für Wanten und Stagen mit T-Termilans deshalb ernsthaft angeraten, das Rigg jährlich zu erneuern. Was einerseits teuer und andererseits in manchen Regionen kaum umsetzbar ist. Besser ist, noch vor Start der Blauwasserreise auf ein Stehendes Gut ohne T-Terminals umzurüsten.

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Infos warum T-Terminals nicht optimal für Blauwasseryachten sind findest du hier:

T-Terminals im Rigg

T-Terminals sind durch ihre Form einer erhöhten Belastung ausgesetzt. Und zwar genau an ihrer Biegung. In diesen Bereich muss das Material viel mehr standhalten. Und das Problem dabei ist, dass es das nicht kann.

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Als Gegenstücke zu den Mastbeschlägen ist auch bei den Püttinge auf eine hochwertige Ausführung zu achten. Sie dürfen auf der Yacht nicht zu weit innen liegen, da die Kräfte bei außenliegenden Püttinge besser verteilt werden. 

Da bei Zentralpüttinge sämtliche Kräfte des stehenden Guts auf ein Bauteil wirken, sind einzelne Püttinge auf Langfahrtyachten zu bevorzugen. Die Püttinge müssen die Kräfte in den Rumpf leiten können. Kann man bei gebrauchten GFK-Yachten Verformungen im Deck rund um die Püttinge erkennen (bleibt nach Regen zum Beispiel Wasser rund um die Püttinge stehen), kann davon ausgegangen werden, dass die Kräfte vom Rigg nicht gänzlich in den Rumpf geleitet wurden, bzw. bereits Schäden am Schiff entstanden sind.

Klassisch, aber immer noch gut: Optimale Krafteinleitung in den Rumpf und die Möglichkeit der optischen Kontrolle bieten außen am Rumpf verschraubte Pütting.

Wie bei den Mastbeschlägen ist auch bei den Püttinge darauf zu achten, dass sie mit den Wanten und Stagen fluchten um Materialermüdung vorzubeugen.

 

 

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T-Terminals im Rigg

T-Terminals sind durch ihre Form einer erhöhten Belastung ausgesetzt. Und zwar genau an ihrer Biegung. In diesen Bereich muss das Material viel mehr standhalten. Und das Problem dabei ist, dass es das nicht kann.

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Ketsch

Eine Ketsch als Blauwasseryacht

Wie so viele andere Segler auch, lernten wir an Bord einer Slup das Segeln und konnten vor unserer derzeitige Hochseeyacht kaum Erfahrungen mit mehrmastigen Booten sammeln. Bei der Suche nach einer größeren Blauwasseryacht viel unsere Wahl auf eine Ketsch. Ob und wie sich diese Ringwall bewährt hat, fassen wir nach zehn Jahren Blauwasserreise mit Expeditionscharakter zusammen…

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Auntie

Ausrüstung auf Weltumsegelung

oder: Muss man sich als Langfahrtsegler wirklich „um die Welt reparieren“? Welcher kaputten Ausrüstung wir auf Langfahrt hauptsächlich begegnen.

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Gibt es eine „ideale Masthöhe“ für Blauwasseryachten

Wie hoch ist eigentlich der Mast einer idealen Blauwasseryacht. Welches Rigg mach auf weltweiter Fahrt Sinn und schränkt ein hoher Mast ein? Ja gibt es eigentlich so etwas wie eine ideale Masthöhe und ab wann schränken Brücken und Kabel das erreichen von Ankerbuchten und Häfen ein?

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