Im ersten Teil der Serie „Sicherheit auf Yachten“ haben wir über die Sicherheit der Crew an Deck nachgedacht. Den Bericht gibts hier zum Nachlesen:

 

Sicherheit auf Yachten – Teil 1

Schon in der Konstruktion und der Ausrüstung der Hochseeyacht kann und sollte ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Yacht und Crew gelegt werden. Wir zeigen dir in den kommenden drei Folgen, worauf du achten kannst!

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Doch es benötigt mehr als ein sicheres Deck, um eine Yacht für eine Blauwasserreise zu rüsten. Deshalb handelt dieser zweite Teil der Serie über die Sicherheit für die Yacht selbst. Dabei soll sich dieser Bericht nicht über die grundlegenden Sicherheitsmerkmale von Bootsbau und Design selbst handeln. Vielmehr geht es um die Sicherheit der Yacht im Blauwassereinsatz.

Es ist eine Gedankensammlung, die für (fast) jeden Yachttype angewendet werden kann und die dennoch auf sehr vielen Yachten unterwegs nicht berücksichtigt wird. Schon alleine deshalb, weil die Ausrüstung der Blauwasseryachten immer komplexer wird und die Ansprüche nach Bequemlichkeit der Fahrtensergler weiter steigen. Auch wenn vielleicht der eine oder andere Fahrtensegler in einigen Punkten zu diesem Thema nicht meiner Meinung ist, möchte ich einen Denkanstoß geben und werde auch gerne auf Kritik oder Kommentare eingehen.

 

Sicherheit auf Yachten Teil 2 – Sicherheit für die Yacht

1. Kein überladenes Deck

Nicht nur für die arbeitende Crew ist ein zusammengeräumtes Deck ein Sicherheitsfaktor, auch die Yacht selbst hat oft schwer zu kämpfen an Equipment, Kanister und Spielzeug, das an Deck gestaut wird. Denn Yachten sind keine Frachtschiffe und wurden nicht dazu Design, Ausrüstung auf Deck über die Weltmeere zu schleppen. Deshalb wurde in der Regel auch keine zusätzliche Ausrüstung auf Deck in der Berechnung des Stabilitätsumfangs der Yacht einberechnet.

Gerade schwere Gegenstände, wie zu viele angeschlagene Anker, gefüllte Kanister, Taucherausrüstung, vollgeschlagene Segeltaschen, aber auch fix montierte Ausrüstungsgegenstände vertrimmen die Yacht. Große Gegenstände wie Kajaks, Surf- oder Paddel-Boards und an der Reling gefahrene Bananaboote oder Solarpaneelen erzeugen zusätzlich massive Angriffsflächen für Wind. Alles, was an Deck gefahren wird, belastet sowohl Stabilitätskurve der Yacht und kann die Segeleigenschaften verschlechtern.

 

 Auf Blauwasseryachten sollte gelten: Was nicht ins Boot passt, kommt nicht mit auf Reise. 

 

Auf Deck gestaute Ausrüstung kann nicht nur erhöhte Windangriffsfläche bieten, sondern auch die Stabilität der Yacht beeinflussen

 

2.  Bug und Heck nicht vertrimmen

In Zusammenhang mit Überladung kann auch über große Geräteträger am Heck von Blauwasseryachten nachgedacht werden. Der allseits beliebte und praktische Geräteträger kann in seiner Konstruktion sehr schwer ausfallen und voll bestückt mit allen nötigen und unnötigen Equipment einer Yacht werden solche Konstruktionen einer Yacht vor (Stark-) Wind Probleme bereiten. Vor der Montage eines Geräteträgers am Heck muss daher beachtet werden, ob die Yacht genügend Auftrieb im Heck hat.

Das selbe gilt für nachträglich montierte Badeplattformen und Dingidavis. Am Heck auf Davis hängende Dingis sind gerade am Ankerplatz besonders praktisch, aber auf See können diese Beiboote der Yacht sehr gefährlich werden. Vor allem, wenn sie durch einsteigende Wellen vollschlagen und dadurch extrem schwer werden.

 

 Am Heck hängende Beiboote sollten vor einer Ozeanpassage abgenommen und im Boot verstaut werden. 

 

So wie aufs Gewicht am Heck zu achten ist, ist es auch am Bug wichtig, dass das Boot nicht vertrimmt wird. Auf jeder Blauwasseryacht muss ein gut durchdachtes Ankergeschirr mitgenommen werden, doch sollte, um den Bug nicht unnötig zu vertrimmen, nicht die gesamte Kette und alle Anker am Bug beziehungsweise im Ankerkasten am Bug gefahren werden. Der Anker am Bug selbst muss so gesichert sein, dass er sich auf keinen Fall von selbst lösen kann.

 

Nicht jede Yacht kann nachträglich montierte Badeplattformen und Ausrüstung am Heck tragen ohne dabei vertrimmt zu werden.

 

3. Auf zusätzliches Topgewicht im Rigg achten

Die zusätzliche Montage von Gegenständen und Geräten im Rigg kann ebenfalls die Stabilität der Yacht negativ beeinflussen. Deshalb muss die generelle Notwendigkeit des Equipments zuerst genau überdacht werden, bevor die Geräte im Rigg montiert werden.

Um sich ein Bild von zusätzlichem Topgewicht zu machen, kann man folgende Berechnungsformel für das eigene Boot verwenden:

 Änderung im VCG = [ (m1 . h1) + (m2 . h2) ] / [ Verdrängung to + (m1 + m2) ] 

 

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Und hier eine Erklärung der Formel anhand eines Beispiels:

Augegangen wird von einer Yacht mit 4,8to Verdrängung und einer Stabilitätskurfe von 120 °. 1 Radarantenne von 10kg (m1) in 7m Höhe (h1) und ein Radareflektor von 1kg (m2) in 14m Höhe (h2) werden auf unser Beispiel-Yacht montiert. Nun soll die Veränderung in den Gewichtsschwerpunkt (VCG) berechnet werden.

Änderung im VCG =
[ (0,01 . 7) + (0,001 . 14) ] / [ 4,8 + (0,01 + 0,001) ] =

0,017
Ergebnis: der VCG wandert um 0,017m

Die Auswirkung der Stabilitätskurfe ist annähernd gleich der Verdrängung des VCG (m) . 100

Fazit:
120 (AVS alt) – (0,017 . 100) = 118° neu

Das heißt, durch die Montage von zwei Gegenständen wurde der Stabilitätsumfang der Beispiel-Yacht um 2° verschlechtert.

 

Zusätzliches Gewicht in Rigg muss berechnet werden.

 

4. Rigg und Segel verdienen deine Aufmerksamkeit

Zur sicheren Yacht gehört ein einwandfreies Rigg. Dabei können wir den derzeitigen Trend, Riggs immer leichter auszustatten und auf diverse Wanten und Stagen zu verzichten, auf Blauwasseryachten nicht nachvollziehen. Innerhalb unserer ersten beiden Segeljahren im Nordatlantik wurden wir Zeugen von drei Mastbrüchen bei steifen Windbedingungen bis 7 Beaufort. Dabei handelte es sich immer um Großserien-Yachten mit Standard-Riggs. Keine Beobachtung, die Vertrauen in einfache Riggs gibt. Und auf weltweiter Fahrt hat sich diese Beobachtung als Trend herausgestellt. Riggprobleme scheinen zu den häufigsten Gebrechen auf Fahrtenyachten zu gehören.

 

Mehr dazu in unserem Bericht „Ausrüstung auf Weltumsegelung“

Auntie

Ausrüstung auf Weltumsegelung

oder: Muss man sich als Langfahrtsegler wirklich „um die Welt reparieren“? Welcher kaputten Ausrüstung wir auf Langfahrt hauptsächlich begegnen.

Ein Kommentar

 

Die ordnungsgemäße Montage und regelmäßige Begutachtung des gesamten Riggs ist nicht zu vernachlässigen. Wird das Rigg über eine Zeit abmontiert, weil zum Beispiel Flussfahrten unternommen werden oder die Yacht eine Zeit im Trockenen verbringen soll, müssen alle Komponenten des Riggs mit Sorgfalt gelagert werden. Wird ein Want geknickt, muss er ausgetauscht werden. Geschlossene Spanner sollten gegen hochwertige, offene Wantenspanner ausgewechselt werden.

Die Segelgarderobe muss gut durchdacht sein. Verschiedene Segel an Bord, um sich den vorherrschenden Wetterbedingungen anzupassen, sind eine Vorraussetzung für die Blauwasseryacht. Auch, wenn die Yacht mit Rollanlagen ausgestattet ist.

Erleidet die Yacht Mastbruch, muss entsprechendes Werkzeug an Bord sein, um das Boot von über Bord gewaschene Teile des Masts und des Riggs befreien zu können.

 

Segel für alle Wetterbedingungen müssen an Bord sein

 

5. Schwere Gegenstände in der Yacht ausreichend sichern

Nicht nur der Zustand an Deck ist entscheidend für die Sicherheit der Yacht, auch unter Deck ist auf vieles zu achten. So zum Beispiel müssen alle Gewichte im Schiff so gesichert sein, dass sie sich auch bei Kenterung nicht losreisen können. Der Kielbalast, der Motor aber auch Batterien, Tanks und ähnliches müssen fest verschraubt sein, bevor sich eine Yacht auf den Weg aufs offene Meer begibt.

Bei der Beladung der Yacht sollte man das zusätzliche Gewicht, das man ins Schifferl packt, nicht außer Acht lassen. Die Segeleigenschaften einer zu sehr überladenen Yacht sind verschlechtert und die Belastungen auf das gesamte Boot sind ungleich erhöht (zum Beispiel wird die Ruderanlage höher belastet).

 

 Immer aufs Gewicht achten. Ist die zusätzliche Ausrüstung nötig – und bleibt sie auch bei Kenterung auf ihrem Platz? 

 

Ankerketten
Blauwasseryachten haben schwer zu tragen, alleine die Ankerausrüstung ist um ein vielfaches schwerer als auf Urlaubsyachten.

 

6. Die See muss draußen bleiben!

 Eine gute Blauwasseryacht ist nicht nur unter der Wasserlinie dicht, sondern kann auch auf Deck dichtgemacht werden! 

 

Generell sollte die Blauwasseryacht so ausgestattet sein, dass sie auch bei Kenterung auf Kopf nicht Unmengen von Wasser aufnimmt, damit sie sich (natürlich nur bei Einrumpf möglich) selbst wieder aufrichten kann. Dazu gehören auch schlagfeste Luken, große Luken sollten zusätzlich mit Schlagblenden zu sichern sein.

Ist die Yacht durch wasserdichte Schoten abgeteilt, kann dies die Yacht bei Havarie vor dem Untergang bewahren.

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Natürlich müssen unterwegs alle Seeventile geschlossen werden und Notpfropfen aus Holz für die schnelle Reparatur von gebrochenen Seeventilen nehmen nur wenig Platz an Bord ein. Mehrere Bilgepumpen, manuell wie auch elektrisch betrieben, sind selbstverständlich. Der Sumpf für die Pumpen soll so gebaut sein, dass keine heruntergefallene  Gegenstände die Pumpen verstopfen können. Bei Leckage sind allerdings fast alle Bilgepumpen überfordert.

 

für den Extremfall gerüstet: dieser Niedergang ist bei Kenterung sicherlich dicht.

 

7. Die Technik im Griff

Eine Notpinne sollte auf jedem Blauwasserboot vorhanden sein. Gedanken über den Bau einer Notruderanlage bei Verlust kann im Notfall schnelles Handeln ermöglichen.

Der Motor wie auch die Ruderanlage müssen stets ordentlich gewartet werden. Natürlich muss eine eventuell vorhandene Gasanlage an Bord gewissenhaft verbaut sein und laufend geprüft werden. Im Zweifelsfall Teile austauschen! Genügend Feuerlöscher müssen griffbereit sein, sowohl in der Pantry wie auch im Motorraum.

 

Eine sauber und gepflegte Technik an Bord

 

Als nächstes Standbein zum Thema Sicherheit an Bord werde ich in Kürze im dritten Teil die Sicherheit der Crew unter Deck beleuchten. Wenn du darauf nicht warten möchtest, gibts hier eine PDF-Zusammenfassung vom gesamten Bericht: Sicherheit auf Yachten

PDF zur Sicherheit auf Yachten
pdf zur Sicherheit auf Yachten

sicherheit

 

Auch der dritten Teil der Serie „Sicherheit auf Yachten“ ist bereits online. Im folgenden Link kannst du also weiterlesen:

Sicherheit auf Yachten – Teil 3

Die Sicherheit auf Yachten ist mehr als ihre Notausrüstung. Im dritten Teil der Reihe zeigen wir dir, worauf du im Inneren der Yacht achten solltest.

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Sicherheit auf Yachten – Teil 1

Schon in der Konstruktion und der Ausrüstung der Hochseeyacht kann und sollte ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Yacht und Crew gelegt werden. Wir zeigen dir in den kommenden drei Folgen, worauf du achten kannst!

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Ein Kommentar

 

2 Kommentare

  1. Tom Freudenberg

    Guten Tag,

    vielen Dank für eure Beiträge und das vermittelte Wissen.

    Ich habe eine Frage zur Berechnung der Stabilität bei euch in der Formel.

    Ihr sprecht immer von „Höhe in Meter“ der eingebrachten Dinge (z.B. 7 m für das Radar).

    Gilt diese Höhe dann ab Wasserlinie oder ab Bootsdeck?

    Z.B. ist bei mir der Freibord ca. 1,2 m und der Mast 14,6 m.

    Muss ich für etwas im Masttop dann 14,6 m oder 15,8 m rechnen?

    Vielen Dank für einen Hinweis.

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