Bei der Sicherheit auf Yachten geht es nicht primär darum, dass sämtliche am Markt angebotene Rettungs- und Notausrüstung an Bord ist, sondern darum, dass Yachten so gebaut und ausgestattet sind, dass ihre Rettungsinseln und Epirbs auch in schwierigen Situationen nicht benötigt werden.

Schon in der Konstruktion, Auswahl und der Ausrüstung einer Hochseeyacht kann und sollte ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Yacht und Crew gelegt werden.

Vorweg ein kurzer Hinweiß: solltest du dir bahnbrechende Neuigkeiten oder modernste Errungenschaften im Bereich Yachtsicherheit erwarten, muss ich dich enttäuschen. Viele dieser Weisheiten sind (fast) so alt wie der Hochsee-Segelsport. Doch auch die modernsten Yachtkonstruktionen können überprüft werden, ob sie im Punkt Sicherheit noch Nachholbedarf haben und selbst die erfahrensten Segler denken hin und wieder darüber nach, ob sich die Sicherheit an Bord ihrer Yacht noch etwas verbessern lässt.

Und solltest du gerade auf der Suche nach deiner zukünftigen Blauwasseryacht sein, kann dir dieser Bericht helfen, worauf es zu achten gilt!

Absichtlich verzichte ich in diesem Beitrag auf das Aufzählen der Notausrüstung. Viel mehr will ich über drei grundlegende Bereiche nachdenken:

  • Die Sicherheit der Crew an Deck,
  • die Sicherheit für die Yacht und
  • die Sicherheit der Crew unter Deck.

 

 

Sicherheit auf Yachten Teil 1: Die Sicherheit der Crew an Deck

Etwas plump gesagt geht es bei Blauwasseryachten nicht nur um die Gefälligkeit der Yacht, die Bequemlichkeit und das Platzangebot. Um aus einem Boot einen fähigen Hochseeyacht zu machen, sollten einige konstruktive Fragen bedacht werden.

 Egal wie viel Zeit die Yacht vor Anker oder im Hafen verbringt: eine Blauwasseryacht muss für ihren Einsatz auf Hochsee optimiert sein und nicht für ihre Bequemlichkeit oder Schönheit vor Anker! 
Die Sicherheit der Crew an Deck
Die Segelcrew muss an Deck sicher arbeiten können.

Hier ein paar Grundlagen:

1. Die Reling muss nicht zum Schifferl passen, sondern zur Crew!

Es ist absoluter Schwachsinn, die Reling einer Yacht aus optischen Gründen niedrig zu gestalten. Eine zu niedrige Seereling kann zur Totesfalle jedes Seglers werden. Auf vielen Yachten wird heute eine Reling mit einer Höhe von 45 bis 60 cm verbaut. Ein Seezaun also, der nichts mehr ist als eine Stolperfalle! Im Vergleich ist ein zu niedriger Seezaun bei hochseegehenden Schiffe oder bei Fahrgastschiffen sogar verboten. Dort herrscht ein Mindestmaß von 90 bis 110cm Höhe.

Eine hohe Reling gibt Sicherheit an Deck
 Eine hohe (80 bis 90cm) und stabil ausgeführte Reling ist ein absoluter Sicherheitsgewinn. 

Jeder, der schon mal bei stürmischer See versucht hat, am Vordeck aufzuklaren während die Yacht wie ein wild gewordener Mustang in Wellengang springt und von Seite zu Seite rollt, wird die Wichtigkeit einer ordentlichen Seereling schätzen. Natürlich gehört dazu auch ein stabiler Heck- und Bugkorb. Viele Blauwassersegler entscheiden sich, ein Relingsnetz (in der alten Segelschifffahrt auch als „Leichenfänger“ bezeichnet) zu montieren. Ein Netz ist vor allem bei Kindern oder Tieren an Bord ein absoluter Sicherheitsgewinn. Ein erhöhtes Schanzkleid hilft auch bei Schräglage, um nicht von Bord zu rutschen und sollte bis an den Bug vorgezogen sein.

2. Sicheres und begehbares Seitendeck und Bugbereich

Parallel zur stabilen Reling muss der Weg vom Cockpit zum Bug so sicher wie möglich gestaltet werden. Dazu zählen möglichst viele Haltegriffe, breite Seitendecks ohne zu vielen Stolperfallen und stabile Hohlepunkte für die Lifeline.

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Das aufgeräumte Seitendeck mit guten Haltegriffen.
 Der Bug selbst muss so konzipiert sein, dass ein sicheres Arbeiten möglich ist. 

Das heißt, genügend Platz ohne Stolperfallen ist wichtig, und auch ein eventueller Bugsprit ist so auszulegen, dass ein sicheren Stand möglich ist. Das gilt auch für Yachten mit Rollreff-Anlagen, denn auch hier kann es dazu kommen, dass ausgerechnet bei Starkwind ein Bergen des Segels nötig wird oder dass ein Sturmsegel darüber gesetzt werden muss.

3. Kein überladenes Deck!

Viele Blauwassersegler bepacken ihre Yacht auf Deck mit zusätzlichen Kanister und Ausrüstungsgegenstände und verschlechtern die Sicherheit ihres Bootes dadurch in mehreren Weisen.

Zum einen ist die Bewegungsfreiheit auf Deck durch herumstehende Gegenstände und deren Verzurrung oft drastisch eingeschränkt, zum anderen bieten Kanister, Surfbretter, Dingis (mit Ausnahme Dingis, deren Platz schon im Bauplan vorgesehen ist) und weiteres Zubehör eine hohe zusätzliche Angriffsfläche für Wind und Wellen. Sie werden im Starkwind und Sturm für die Yacht zur Last. Schwere Gegenstände (gefüllte Kanister,…) verschlechtern die Stabilität der Yacht.

Nicht jede Yacht kann diese Kanister auf Deck problemlos tragen.
 Deshalb gilt: WAS NICHT IN DIE YACHT PASST GEHT NICHT MIT AUF FAHRT! 

Generell sollten sich Segler angewöhnen, ein aufgeräumtes Deck zu fahren. Leinen gehören aufgeschossen, herumfliegende Gegenstände gehen ohnehin meist schnell über Bord.

4. Eine einsatzbereite Mann-Über-Bord (MOB) Ausrüstung

 Einsatzbereit an Deck muss eine gut durchdachte MOB Ausrüstung sein, die auf die Bedürfnisse des schwächsten Crewmitglied abgestimmt ist. 

Das heißt: mithilfe der MOB-Ausrüstung sollte es dem schwächsten Crewmitglied an Bord möglich sein, notfalls selbst das gewichtigste Crewmitglied inklusive durchtränktes Ölzeug und Gummistiefel wieder an heben können.

5. Das Cockpit als sicherer Arbeitsplatz bei jedem Wetter

 Das Cockpit ist der wichtigste Arbeitsplatz der Yacht auf See und muss gut durchdacht sein. 

Ein sicherer Steuerstand, der sowohl vor Sonne als auch vor Regen oder Wellen geschützt ist, hiflt der Crew, bei jeder Bedingung möglichst lange fit zu bleiben und ist daher unumstritten wichtig für Blauwasserfahrten mit kleinen Crews. Zu bedenken ist, dass beim eventuellen Ausfall der elektronischen Steuerhilfe die Crew oft Tage an den – bald verhassten – Steuerplatz gebunden sein kann. Gerät die Yacht in einen Sturm, kann die Sicherheit der Yacht davon abhängen, wie lange die Crew das Steuern per Hand durchhält. Desto mehr Schutz das Cockpit vor den Elementen gibt (zum Beispiel mittels Verdeck), desto länger wird die Crew selber steuern können.

ein kleines und sicheres Cockpit als perfekten Arbeitsplatz

Im Gegensatz zur Rennyacht ist es aufgrund der meist kleinen Crewanzahl auf Blauwasseryachten nötig, dass hinterm Steuerrad bzw. neben der Pinne ein gut geschützter Sitzplatz für den Steuermann zur Verfügung steht. Ein riesiges Steuerrad, wie es auf Rennyachten gefahren wird, hindert nur der sicheren Bewegungsmöglichkeit im Cockpit und ist unnötig. Auch für den Platz hinterm Steuerrad müssen Hohlepunkte für die Lifeline montiert sein.

Auf jeder Yacht gilt, dass auch im Cockpit Ordnung herrschen muss, aufgeschossene Leinen und Schoten sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

 

In den nächsten Teilen werden wir über die zwei weiteren Eckpunkte der Sicherheit der Yacht nachdenken:

  • die Sicherheit der Yacht selbst und
  • die Sicherheit der Crew unter Deck
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Wenn du aber bereits jetzt an diesen beiden Themen interessiert bist gibts hier das PDF des gesamten Artikels zum gratis Downloaden:

 

PDF zur Sicherheit auf Yachten
pdf zur Sicherheit auf Yachten

 

sicherheit

 

Die weiteren Teile der Serie sind bereits online. Hier gehts zu Teil 2 und Teil 3:

Sicherheit auf Yachten – Teil 2

Im zweite Teil der Serie geht es über die Sicherheit für die Yacht selbst. Dabei handelt sich dieser Bericht nicht über die grundlegenden Sicherheitsmerkmale von Bootsbau und Design selbst. Vielmehr geht es um die Sicherheit der Yacht im Blauwassereinsatz. Es ist eine Gedankensammlung, die für (fast) jeden Yachttype angewendet werden kann und die dennoch auf sehr vielen Yachten unterwegs nicht berücksichtigt wird.

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Sicherheit auf Yachten – Teil 3

Die Sicherheit auf Yachten ist mehr als ihre Notausrüstung. Im dritten Teil der Reihe zeigen wir dir, worauf du im Inneren der Yacht achten solltest.

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