Sturmsegeln Spezial – Teil 17: Rollover Ready

Es ist soweit. Du bis auf Hochsee, hast deine Wetterdaten wiederholt überprüft und festgestellt, ein Sturmtief wird deinen Kurs kreuzen. Du hast alle möglichen Kurse überprüft und musst einsehen, dass du dem Sturm nicht ausweichen kannst. Und deshalb hast du dich entschieden, das Boot bestmöglich im anziehenden Wettersystem zu positionieren, so wie wir bereits im Sturmsegeln Spezial – Teil 9: Positionierung besprochen haben. Ihr habt euch für einen Kurs entschieden, der euch hoffentlich zumindest vom schwersten Teil des Sturmes entfernen wird.

Nun bleibt nur noch die Zeit für letzte Vorbereitungen für die anstrengende Zeit voraus.

Denk dran: Je besser ihr euch nun vorbereitet, desto sicherer kommt ihr durch den Sturm. 

Das bedeutet nicht, dass ihr durch diese Vorbereitungen alle möglichen Zwischenfälle ausschließt. Aber wir haben folgende Beobachtung gemacht: 

Tritt ein kleines Problem während einer Sturmfahrt auf, kann es zu einer Kettenreaktion an Events kommen. Dadurch wird die Crew und Yacht mit immer größeren Problemen belastet, bis sie schließlich in Seenot ist. Vergiss nicht, ihr befindet euch ohnehin schon in einer lebensbedrohenden Situation. Jedes zusätzliche Problem kann nun extreme Folgen haben.

Kettenreaktion durch schlechte Vorbereitung
Sorgfältige Vorbereitung kann im Ernstfall davor bewahren, immer tiefer in Probleme zu schlittern

Also, welche Vorebereitungen kannst du jetzt noch treffen?

 Mach dein Boot „roll over ready“! Und das meine ich wörtlich!

Natürlich wird es die gesamte Sturmfahrt eine unserer Prioritäten, die Yacht vor dem Kentern oder gar vor einer Durchkenterung zu schützen. Dennoch sind wir nicht davor gefeit. 

In unserer Serie „Sicherheit auf Yachten“ haben wir bereits ausführlich über die Aspekte und Ausstattung einer hochseetüchtigen Blauwasseryacht geschrieben. 

Sicherheit auf Yachten – Teil 1

Schon in der Konstruktion und der Ausrüstung der Hochseeyacht kann und sollte ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Yacht und Crew gelegt werden. Wir zeigen dir in den kommenden drei Folgen, worauf du achten kannst!

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Sicherheit auf Yachten – Teil 2

Im zweite Teil der Serie geht es über die Sicherheit für die Yacht selbst. Dabei handelt sich dieser Bericht nicht über die grundlegenden Sicherheitsmerkmale von Bootsbau und Design selbst. Vielmehr geht es um die Sicherheit der Yacht im Blauwassereinsatz. Es ist eine Gedankensammlung, die für (fast) jeden Yachttype angewendet werden kann und die dennoch auf sehr vielen Yachten unterwegs nicht berücksichtigt wird.

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Sicherheit auf Yachten – Teil 3

Die Sicherheit auf Yachten ist mehr als ihre Notausrüstung. Im dritten Teil der Reihe zeigen wir dir, worauf du im Inneren der Yacht achten solltest.

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Nun, direkt vor dem anziehenden Sturm, ist es zu spät, die Yacht hochseetauglich auszustatten. Darum musst du dich noch vorab im Hafen kümmern. Nun ist es aber wichtig, zu überprüfen, ob am Boot auch wirklich alles seeklar verstaut ist. Arbeite dich dabei systematisch über und durch das Boot.

Ozeanpassage
Hier draußen muss deine Blauwasseryacht bereits hochseetauglich ausgerüstet sein. Jetzt ist es aber an der Zeit, sie aufzuklaren und auf den kommenden Sturm vorzubereiten.

Seeklar auf Deck

Ich gehe davon aus, dass du alle schweren und sperrigen Gegenstände bereits vor dem Ablegen auf Hochsee vom Deck geräumt hast und ein eventuell an Davits hängendes Dingi zusammengelegt vorm Mast oder unter Deck verzurrt hast. Falls nicht, ist es höchste Zeit, dies noch zu erledigen, bevor die See rau wird. Auch Paddelboards an der Reling oder Dieselkanister auf Deck haben spätestens jetzt keine Berechtigung mehr.

Entferne alle überflüssigen Trossen und Leinen aus dem Cockpit und vom Deck und schieße alle ordentlich auf. Achte darauf, dass auch überkommende Wellen keine Leinen, Schoten oder Fallen überbord spülen können, damit sich diese später im Notfall nicht eventuell in die Schiffsschraube oder ins Ruder gelangen können. 

Verschließe alle Backskistendeckel und sichere die Verschlüsse. 

Sie dürfen sich auch im Falle einer Kenterung nicht öffnen.

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Überprüfe alle Ausrüstungsgegenstände auf Deck, ob sie ordentlich befestigt sind und sich nicht lösen können. 

Bereite deine Schwerwetterausrüstung vor. Dabei kannst du zum Beispiel den Treibanker und Seeanker bereits so anschlagen und vorbereiten, dass du im Notfall später diese Ausrüstung von Cockpit aus einsetzen kannst.

Stelle sicher, dass deine Leichtwindsegel ordentlich eingerollt oder abgeschlagen sind. Dass sich Rollsegel im Orkan ausrollen können, ist kein Seemannsgarn. Wir kennen selbst eine Crew, die im schweren Sturm in Seenot geriet, da sich ihr Rollvorsegel ausgerollt hat. Das Segel wurde von der Wucht des Windes aus der Nut des Vorstags gerissen und verhedderte sich im Masttop. Die Yacht war dadurch in den vorherrschenden Beaufort 11 bis 12 nicht mehr zu bewältigen. Die Crew wurde per Hubschrauber abgeborgen und die Yacht aufgegeben. Und das ist nur eines der Beispiele, die uns in den letzten Jahren begegnet ist.

Überprüfe, ob eventuelle Sicherheitsleinen für die Crew gespannt und in Ordnung sind.

Und hohl die Angel ein!

Lifeline am Seitendeck
Ein Gurt entlang der Seitendecks zum einhängen der Lifeline ist praktisch.

Roll-over ready unter Deck

Nicht nur auf Deck, auch unter Deck muss alles sicher verstaut sein und alle Deckel und Bodenbretter müssen verschlossen werden. Vor allem schwere Gegenstände dürfen sich auch dann nicht lösen und durch Boot fliegen, wenn die Yacht kentert. 

Unter schwere Ausrüstung und Gegenstände fallen zum Beispiel die Batterien, der Werkzeugkasten oder Ersatzteile. Aber auch die Deckel und damit der Inhalt der Kühlbox.

Schwere Ausrüstung, wie zum Beispiel die Yachtbatterien, müssen stets gesichert sein.

Im Sturm wird es eine Herausforderung für deine Freiwache, sich effektiv auszuruhen. Versuche deshalb schon vorab, mögliche Lärmquellen – wie zum Beispiel klirrende Töpfe – zu beseitigen. Es wird auch ohne diese lästigen Geräusche noch laut genug!

Bedenke auch, dass die See so hoch gehen wird, dass ihr an Bord womöglich mit Seekrankheit kämpfen müsst. Wenn möglich, lüfte das Boot noch einmal durch und beseitige jegliche schlechte Geruchsquellen. Falls du Dieselkanister vom Deck ins Boot verstauen musstest, suche einen Platz dafür, der geruchsdicht getrennt von den Kojen ist – am besten in die Backskisten. Schlechte Gerüche und Dieseldunst erzeugt Kopfschmerzen, treiben Seekrankheit voran und strapaziert die Crew unnötig.

Räumt die Kojen auf und setzt die Leesegel.

Leesegel angeschlagen
Durchgelüftet, aufgeräumt, Leesegel gesetzt. Es kann losgehen!

Verschließe Doradelüfter, Motorraumlüftungen und wenn vorhanden den Rauchfang. Verriegle und sichere deine Luken mit Sturmschoten. Denn auch im Sturm muss die See draußen bleiben.

Vorbereitungen für die Crew

In Schwerwetter muss sowohl die geistige wie auch die körperliche Leistungsfähigkeit der Crew an höchster Stelle stehen. 

Eine seekranke, übermüdete, ausgehungerte und lethargische Crew macht Fehler, trift falsche Entscheidungen, wartet ab, anstelle aktiv zu werden, bekommt Angst und überlässt die Yacht schlimmstenfalls sich selbst.

Vor Schwerwetter ist es deshalb wichtig, dass alle Crewmitglieder ausgedehnte Erholungsphasen einhalten. Wirst du leicht seekrang, kannst du bereits jetzt mit der Medikamenteneinnahme beginnen. Teilt also eure Wachen nochmal ein und beginnt spätestens jetzt, die Ruhepausen der Freiwache sehr ernst zu nehmen. 

Segelwechseln am Verdeck
Nach den Vorbereitungen der Yacht für das kommende Schlechtwetter wird es Zeit, dass die Crew entspannt und Kräfte sammelt.

Legt Ölzeug, Gummistiefel und Lifebelt/Lifelines bereit. Billiger Gehörschutz aus dem Baumarkt ist übrigens auch ein effektiver Schutz gegen den Wind und im Sturm sehr praktisch.

Im Sturm schwindet sowohl der Appetit, als auch die Lust zu Kochen. Deshalb nehmt euch jetzt noch Zeit, eine kräftige Mahlzeit zu kochen und gemeinsam zu essen. Dabei könnt ihr auch, wenn nötig, ein Gespräch über eure Situation führen, eventuell Ängste aussprechen und die Moral heben. 

Besprecht noch einmal die einzelnen Arbeitsschritte beim Reffen, beim Setzen der Sturmfock und beim Ausbringen der Schwerwetterausrüstung. Das fördert euren Teamgeist und gibt Sicherheit, später alle reibungslos zu arbeiten.

Auf Alkohol muss spätestens jetzt verzichtet werden.

Vorbereitungen in der Pantry

Verstau in der Pantry alle Messer (Messerblock!) sicher. Montiert wenn nötig einen kröftigen Gurt als Sicherung beim Kochen, der Smutje darf nicht Gefahr laufen, sich beim Kochen zu verletzen.

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Bereite Thermoskannen mit Suppen und Tees vor. Sie wärmen die Nachtwache und beruhigen den Magen.

Du kannst aber auch schon eine Hauptspeisen für die nächsten ein bis zwei Tage vorbereiten. Wenn du über ein Backrohr verfügst, sind Aufläufe gut geeignet. Sie können später aufgewärmt werden, ohne dass die Crew Gefahr läuft, sich mit heißem Wasser oder Öl zu verbrühen. Außerdem schmecken Gerichte wie eine Lasagne notfalls auch kalt.

Bewährt hat sich an Bord außerdem ein Snacks-Fach, gefüllt mit Müsliriegel, Cracker, Äpfel, Bananen, Trockenfrüchte, Nüsse, Kekse und Schokoriegel. Die Snacks sorgen im Sturm nicht nur für einen Energieschub, sondern sie hellen auch die Stimmung ein bisschen auf.

Kochen an Bord
Auch die Vorbereitung in der Pantry gehört zu den Maßnahmen vorm Sturm

Nun kann es losgehen. In den nächsten Teilen unseres großen „Sturmsegeln Spezial“ werden wir die einzelnen Sturmtaktiken besprechen. Denn wie wir schon besprochen haben, kannst du dich nicht darauf verlassen, dass du einfach nur vorm Sturm ablaufen kannst. Je nach dem, wo du dich befindest und wie sich der Sturm entwickelt, solltest du mit allen Möglichkeiten und Kursen im Sturm vertraut sein.

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Du planst eine Reise mit deiner Segelyacht? Einen Ozean zu überqueren und fremde Küsten anzulaufen? Dann ist mehr nötig, als nur zu hoffen, in keinen Sturm zu geraten. Der erfahrenen Hochseesegler Jürgen & Claudia Kirchberger helfen dir, dich auf die Hochsee vorzubereiten.
Wie bereitest du dich und deine Crew vor? Welche Ausrüstung sollte mit an Bord sein? Welche Möglichkeiten hast du, sicher durch einen Sturm zu kommen? Und natürlich: Wie kannst du vermeiden, in Schlechtwetter zu geraten?


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