Überwintern an Bord

Endlich ist es soweit. Bei uns zuhause hat es heute den ganzen Tag geschneit und das Land mit einer hübschen weißen Decke überzogen. Und auch wenn wir zur Zeit den Winter in Österreich verbringen, denke ich doch an Tagen wie heute immer wieder an unsere vielen Winter an Bord in den Hohen Breiten zurück. Gibt es also einen besseren Tag als heute, um einige Tipps zum Überwintern zu schreiben?

Ein Winter im Hohen Norden kann ein ganz besonderes Abenteuer sein!

Winter im Hafen

Du willst sicher und bequem, aber dennoch spannend und erlebnisreich einen Winter in Norwegen, Island, Grönland (eingeschränkt), Kanada, Alaska, Patagonien, Südneuseeland oder Tasmanien verbringen? Das geht, in einem Hafen an diesen winterlichen Küsten. Aber Vorsicht, selbst im sicheren Hafen sind für Überwinterungen einige Vorbereitungen zu treffen und eine Besonderheiten zu bedenken.

Vorbereitungen der Yacht für Überwinterung

Und so kannst du deine Yacht für die schöne, kalte Zeit vorbereiten:

  • Lockere das Rigg – bei Kälte schrumpft Metall und deine Riggspannung wird erhöht
  • Räum dein Deck auf – schlage alle Schoten, Fallen, Segel (vor allem Rollsegel), das Bimini und Stoffverdecke ab
  • schmiere alle Dichtungen mit Vaseline oder Silikonfett – sonst frieren deine Lucken, Backskisten oder Tankdeckel (das Gewinde einschmieren) ein
  • Mach den Motor winterfest – Motorkühlung / Zweikreiskühlung entleeren oder (bei geschlossenen Systemen) mit Frostschutz füllen
  • Staue deine Batterien in einem warmen Bereich des Boots – sonst steht dir nur ein Teil ihrer Leistung zur Verfügung
  • Verstaue die Batterien von Kleingeräten und etwaige Elektronik frostsicher
  • Isoliere deine Luken mit durchsichtiger Folie oder Acryl – so vermeidest du Kondenswasser

 

Nicht isolierte Luken und Scheiben sind schnell auch innen mit Eisrosen oder Eiszapfen bedeckt!

 

  • stelle deine Frischluftzufuhr sicher und achte darauf, dass sie auch bei Schnee nicht zufriert – besonders vorsichtig musst du sein, wenn du eine Heizung im Boot verwendest, die die Luftzufuhr für ihre Flamme im Boot hat. Diese Heizungen verbrennen den Sauerstoff und ohne Frischluftzufuhr kannst du ersticken!
  • lege deine Böden mit Teppichen aus – gegen kalte Füße
  • Staue dein Gemüse, dein Obst, die Eier,… frostsicher, damit sie haltbar bleiben. Auch deine Dosen, Flaschen und Konservengläser dürfen nicht lange Zeit tiefen Minusgraden ausgesetzt werden. Trockenprodukte können im ungeheizten Bereich gestaut werden
  • falls du Stromversorgung in Hafen hast, kannst du dir einen kleinen Ölradiator als Zusatzheizung zulegen
  • Wird im Hafen mit schwerem Eis gerechnet (Grönland), musst du an deine Borddurchbrüche denken: Borddurchbrüche, die in möglichem Bereich der Eisdecke liegen, könnten durch Ausdehnung des Eises aufplatzen. Deshalb werden sie am besten von Außen dicht verschlossen (zum Beispiel mit einem Holz-Pfropfen). Dann vorübergehend den Schlauch abziehen und das verbleibende Wasser im Seeventil abpumpen. Auf den trockenen Borddurchbruch den Schlauch erneut montieren.
  • Borddurchbrüche über der Wasserlinie oder tief genug, um unter der erwarteten Eisdecke zu liegen, sind unproblematisch und benötigen unserer Erfahrung nach keine besondere Behandlung
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Gefriert der Hafen zu, sollten die Borddurchbrüche gesichert werden

Die Auswahl des Hafens

Viele Hafenanlagen im Norden sind für Fischerei- und kommerzielle Fahrzeuge und weniger für Yachten konzipiert.

In Grönland bedeutet das, dass die Yacht im Paket mit mehreren stillgelegten Kuttern liegt. Es herrscht mitunter selbst im Winter (solange es das Eis erlaubt) reger Verkehr. Auch gibt es selten Stromversorgung am Pier und Wasser muss aus öffentlichen Trinkwasser-Zapfstellen herbeigeschleppt werden. Wir haben mehrere Monate in Nuuk am Kuttersteg gelegen, dort bleibt das Wasser zwar zum Teil eisfrei, aber es ziehen mit den Gezeiten Grawler (Eisstücke) und Eisberge in den Hafen. Am Besten längsseits eines Kutters festmachen und eigene Leinen bis zum Pier stecken. Viele kleinere und größere Boote kommen auch im Winter immer wieder längsseits. Wir hatten teilweise bis zu zehn Boote längsseits und mussten mit dem Treibeis kämpfen (auch Nachts…), um nicht vom Eisdruck freigerissen zu werden. Die Häfen weiter nördlich frieren zu.

 

Auch im tiefen Winter friert der Hafen von Nuuk meist nicht gänzlich zu. Dennoch ist Vorsicht geboten: Eisstücke treiben täglich mit der Flut in den Hafen

 

In Norden von Norwegen stehen etliche gute Häfen zur Verfügung, jedoch sind sie im Winter meist komplett mit Fischkuttern überfüllt. Dadurch und durch die norwegische Einstellung zu Reservierungen (unserer Erfahrung nach ist die häufigste Antwort von norwegischen Hafenbehörden – wir haben keinen Platz – noch bevor sie sicher gehen, ob sie nicht doch Platz hätten…) ist es schwierig, vorab einen guten Liegeplatz sicherzustellen. Am besten bereits im Sommer vor Ort sein und mit den Menschen persönlich sprechen. Nach einem persönlichen Kontakt ist es meistens leicht, doch einen Platz zu erhalten. Wenn du mehr über Norwegen im Winter sehen möchtest, schau doch mal bei unseren Freunden unter segeln-und-klettern.de vorbei. Sie verbringen gerade einen Winter im Hohen Norden von Norwegen!

 

 

In Island sind viele Häfen für die Fischerei gebaut. Da viele Schiffe im Winter an Land stehen, sind viele dieser Häfen keine sicheren Winterhäfen. (So haben Sabine und Dario ihre Yacht PACHAMAMA beinahe im Wintersturm in einem Hafen von Island verloren www.toptotop.org). Deshalb vorher sicherstellen, ob der Hafen auch bei extremer Sturmsee sicher ist!

 

 

In Südwest-Alaska sind die Fischereihäfen topmoderne Anlagen mit Schwimmstegen und großen Boxen. Viele dieser Häfen sind gerade zur Nebensaision – also im Winter – komplett ausgebucht. Ein Platz muss deshalb rechtzeitig reserviert werden.

Im Süden von Patagonien bietet der Hafen von Puerto Williams (Chile) die einzige Möglichkeit, längsseits zu überwintern. Ushuaia (Argentinien) verfügt über einen Steg für Yachten. Dieser Steg ist aber sehr den extremen Winden dieser Region ausgesetzt und daher nicht wirklich für Überwinterungen geeignet.

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Winterlicher Hafen von Alta, Norwegen

Zur Auswahl des Winterhafens kannst du folgende Kriterien bedenken:

  • Lage zum Dorf: Ist der Hafen weit außerhalb, kann die Verbindung im Winter wenn die Schiffe stillliegen schwierig werden.
  • Wind- und Wetterverhältnisse: Finde heraus, ob das Gebiet von Fallwinden geplagt, für massiven Schneefall bekannt ist,…
  • Sonnenstunden: Liegt der Hafen eingekesselt in einem Bergtal, wird die Yacht lange Zeit im Schatten verbringen.
  • Verfügt der Hafen über Schwimmstege und bietet er Schutz aus allen Richtungen?
  • Erreichbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln: Ist die Verbindung zu einem Flughafen gegeben, falls ein kurzer Besuch daheim angemacht ist?
  • Versorgungsmöglichkeiten:  Bietet das Dorf Einkaufsmöglichkeiten und vielleicht sogar Unterhaltung?
  • Umgebung: Kann der Winter in dieser Umgebung auch genossen werden? Gibt es Winterwandertouren, Langlaufloipen, Skimöglichkeiten,….
  • Wird die Hafenanlage im Winter teilweise geschlossen? Kannst du trotzdem Wasser und Strom beziehen und gibt es Toiletten und Duschen in der Nähe?

In diesem Sinne, warum immer nur den kurzen Sommer der Hohen Breiten erleben? Die Überwinterung in diesen Regionen ist ein besonderes Erlebnis!

 

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