Ihr habt abgelegt, seid endlich unterwegs. Auf erster kurzer Etappe, auf Übungs- und Probetörn mit der eigenen Yacht, oder vielleicht sogar schon auf großer Reise.
Ab nun gilt als wichtigste Regel an Bord, die nicht oft genug wiederholt werden kann:
Immer kurz besprechen!
Redet miteinander. Immer wieder. Egal, wie kurz oder lange ihr schon unterwegs seid. Egal, wie einfach oder schwer das bevorstehende Manöver ist, wie kritisch die nächste Entscheidung ist.
Endlich unterwegs auf dem Segelboot seid ihr nicht im Schnellzug und es bleibt nahezu in allen Situationen genug Zeit, dass ihr eine gemeinsame Entscheidung trefft und das Manöver kurz besprecht.
Eine kurze Besprechung ist alles andere als Zeitverschwendung. Selbst dann nicht, wenn die Zeit knapp ist. Stimmt euch kurz ab, welches Manöver nötig ist und wer welche Handgriffe übernimmt.
Gewöhnt euch am Anfang an, Schritt für Schritt durchzureden. Später, wenn die Manöver sitzen, können diese Besprechungen auf wenige Worte reduziert werden. Stellt trotzdem immer sicher, dass ihr beide das kommende Manöver verstanden habt und wisst, was zu tun ist!
So klappen die nötigen Manöver besser und ihr vermeidet unnötigen Stress.
Wenn jeder an Bord weiß, was zu tun ist, klappen die Manöver stressfrei und problemlos.
Beispiele dazu, wie es Paaren geht, die sich keine Zeit für kurze Besprechungen leisten, gibt es genügend. Eines davon möchten wir euch erzählen:
Wir liegen vor Anker auf den Falkland Inseln. Unweit von uns ankern noch zwei weitere Yachten, eine kleine französische Yacht mit einem Team junger Seeleute und eine englische Yacht mit einer dreiköpfigen Familie – Vater, Mutter und kleine Tochter. Alle Yachtcrews sind seit längerem unterwegs und weit gereist. Die englische Familie ist, so wie wir, gerade zurück von einem mehrmonatigen Törn in die Antarktis.
Die Wetterkarten zeigen einen ausgeprägten Orkan mit Windstärke 12 und mehr. Dieser Orkan hält auf uns zu.
Die Bucht von Stanley Harbor auf den Falklandinseln bietet nicht genug Schutz, um einen Orkan vor Anker abwettern zu können. Wir müssen dringend in einen Hafen.
Uns allen ist klar, dass wir diesen Orkan in der großen und wenig geschützten Bucht von Stanley Harbor unmöglich überstehen können. Wir müssen die Yachten an einen geschützten Steg festmachen.
Doch der einzige Steg, der für Yachten zur Verfügung steht, ist bereits belegt und die indische Yachtcrew will nichts davon wissen, drei weitere Yachten an ihrer Seite zu haben.
Die Zeit tickt und wir suchen nach einer Alternative. Wenige Stunden, bevor der Sturm die Falklandinseln erreicht, werden wir im Containerhafen fündig.
Die Hafenbehörde versteht unsere Notlage und erlaubt, die Yachten im Schutz einer großen eisernen Steganlage zu verholen. Die Spundwand ist allerdings so groß und rau, dass sich die kleine französische GFK-Yacht unmöglich an der Anlage verholen kann. Wir müssen sie längsseits nehmen.
Der Plan ist schnell gefasst: Unsere La Belle Epoque geht als erste an die Wand. Sobald wir verholt sind, kommt die kleine Französin längsseits. Als letzte geht die 17 Meter lange Aluminium-Yacht der englischen Familie vor uns an die Wand. Wir und die Hafenarbeiter werden bereitstehen, um beim Anlegen zu helfen.
Die Yachten liegen zirka zwei Seemeilen entfernt der Hafenanlage. Wir gehen Anker auf und fahren unter voller Kraft zum Containerhafen. Mittlerweile frischt der Wind auf Windstärke 7 bis 8.
Der Wind legt zu!
Im Lee der Steganlage schaffen wir es erst beim zweiten Versuch, unser Boot längsseits zu manövrieren, bevor uns der Wind von der Steganlage drückt. Bald darauf liegt auch die französische Yacht an uns längsseits verholt.
An Bord gab es ein paar Schwirigkeiten mit dem Anker-auf Manöver und so warten wir gemeinsam mit Hafenarbeitern am Steg. Der Wind hat weiter zugenommen und wir befürchten ein schwieriges Anlegemanöver der englischen Yacht. Der starke Seitenwind wird die schwere Yacht vom Steg drücken, bevor wir ihre Festmacher fixieren können. In guter Voraussicht hohlen die Hafenarbeiter deshalb zwei Wurfleinen. So können uns die Engländer ihre Trossen übergeben, auch wenn sie bereits wieder abtreiben. Später können sie mit Hilfe ihrer Winden das Schiff an den Steg näherholen.
Über Funk informiere ich Erik, der bereits mit voller Kraft zum Containerhafen unterwegs ist. Hier angekommen, steht seine Frau Pam mit den Festmacher in der Hand am Vordeck. Wie vermutet schafft sie es aber nicht, die schweren Festmacher gegen den Wind bis an den Steg zu werfen, schon treibt die Yacht ab.
Erik fährt einen Kreis und kommt erneut näher. Wieder schmeißt Pam die Festmacher, wieder fallen sie ins Wasser, sinken und drohen, in die Schiffsschraube gezogen zu werden. Ich rufe ihr zu, die Festmacher sofort aus dem Wasser zu ziehen. Pam ist schnell genug und holt sie ein.
Immer wieder klappt das Manöver nicht, wir sind ratlos!
Aber in ihrem Gesicht zeigt sich bereits erste Panik.
Panik, es nicht an den rettenden Steg zu schaffen.
Erneut zieht Erik einen Kreis. Mitllerweile schreien alle Personen, die am Steg stehen. Pam soll die Festmacher links liegen lassen und die Wurfleinen fangen. Bei dem Gebrüll versteht sie kaum, was wir wollen.
Beim nächsten Versuch sieht sie endlich die Wurfleinen in den Händen der beiden Hafenarbeiter. Sie lässt die Festmacher auf Deck und schafft es, die erste Wurfleine zu fangen. Sofort belegt sie diese auf ihrer Klampe.
Nun geht das Geschrei am Steg in die nächste Runde. Die Wurfleinen sind viel zu dünn, sie können unmöglich die Yacht halten. Alle schreien, Pam soll sofort die Leine von der Klampe lösen. Der Hafenarbeiter lässt währenddessen die lange Wurfleine ausrauschen.
Pam tut, wie ihr geheißen wird, versteht aber sichtlich die Welt nicht mehr. Schon treibt die Yacht erneut mit dem Wind davon.
Mittlerweile fliegt uns die Gischt um die Ohren und der Himmel ist unglaublich bedrohlich geworden. Erik muß seine schwere Yacht Runde um Runde im Hafenbecken drehen und schafft es kaum noch, längseits zu kommen. Mittlerweile schreien nicht nur die Hafenarbeiter, sondern auch Erik. Mittlerweile weint Pam, versucht aber weiterhin tapfer, die Wurfleinen zu fangen und erneut an ihre Klampfen zu beleben.
Es dauert unzählige Versuche, bis Pam endlich versteht, dass sie an den Wurfleinen lediglich ihre Festmacher befestigen soll. In Windeseile holen wir die Festmacher zum Steg zurück und können sie endlich belegen.
Die Hafenarbeiter verlassen uns kopfschüttelnd, Pam ist völlig am Boden und Erik ist nur noch froh, endlich in Sicherheit zu sein.
Endlich sind alle Yachten in Sicherheit. Der Sturm kann kommen.
Schlussendlich ist alles gut gegangen, doch ein paar Wörter hätte eine Menge Stress gespart.
Als klar war, dass wir die Festmacher nicht gegen den Wind fangen können, hätte Erik einfach seine Yacht eine kleine Extrarunde im Hafen fahren können, um Zeit für eine kurze Besprechung zu haben. Er hätte Pam in ruhigen Worten erklären können, wie mit Wurfleinen gearbeitet wird. Sie hätte beim ersten Versuch gewusst, was zu tun ist und sich entsprechend verhalten.
In dem Beispiel wird klar, dass auch in knappen Situationen oft genug eine kurze Besprechung nicht Zeit verschwendet, sondern am Schluss durch besser koordinierte Manöver Zeit spart!
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Wir zeigen dir, weshalb nichts an Bord wichtiger ist, als dass ihr miteinander redet! Denn unterwegs auf dem Segelboot seid ihr nicht im Schnellzug und es bleibt nahezu in allen Situationen genug Zeit, dass ihr eine gemeinsame Entscheidung trefft und das Manöver kurz besprecht.
Es geht nicht nur darum, euch zu besprechen, wenn bereits die Entscheidung für ein Manöver gefallen ist. Gerade am Start einer Reise ist es wichtig, dass ihr die Einschätzung eures Partner an Bord ernst nehmt, auch wenn euer Gefühl anders sagt. Vor allem, wenn es darum geht, wenn ein Partner an Bord Bedenken oder gar Angst bekommt! Vor allem, wenn der Wind zulegt.
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